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22.10.24
Miro Muheim: Typ mit Ecken und Kanten
Der Linksverteidiger besticht in dieser Saison als Eckenspezialist und setzt darüber hinaus seine Entwicklung beim HSV zum Führungsspieler fort. Dabei geht Muheim auch als Dauerbrenner und Zweikämpfer voran.
Wenn Miro Muheim an den Viertelkreis einer der vier Ecken eines Spielfeldes tritt, dann ist der gegnerische Abwehrverbund in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Denn niemand schlägt in der laufenden Zweitliga-Saison 2024/25 so gefährliche Eckbälle wie der 26-jährige Verteidiger im Team der Rothosen. Gleich viermal klingelte es in Folge eines Muheim-Eckballs im gegnerischen Kasten, zuletzt durch Vollstrecker Davie Selke zum zwischenzeitlichen 3:0 beim 3:1-Heimsieg gegen den 1. FC Magdeburg. Zwei weitere Torvorlagen aus dem Spiel heraus lassen Muheim mit sechs Assists gemeinsam mit Kölns Leart Paqarada auch bei den Top-Assistgebern der Liga von der Spitze grüßen.
Der Schweizer ist dabei erst zur laufenden Spielzeit zum unangefochtenen Eckenspezialisten der Rothosen aufgestiegen: Schlug er in der gesamten Vorsaison noch 29 Eckbälle, sind es in dieser Saison bereits satte 42. Ein Wert, den ligaweit nur Karlsruhes Marvin Wanitzek (50) und besagter Paqarada (45) überbieten. Dabei ist es weniger die Quantität, sondern vor allem die Qualität der Eckstöße, die den HSV in dieser Spielzeit noch unberechenbarer machen. Ein dazu gewonnenes Stilmittel, das auch den gegnerischen Trainerstäben nicht entgangen ist. „Den HSV macht neben seiner fußballerischen Qualität und der Breite des Kaders in dieser Saison vor allem eines aus: Sie sind brutal gut bei Standards. Das ist ein großer Unterschied zu den vergangenen Jahren“, erklärte etwa Paderborns Coach Lukas Kwasniok.
Teamwork und Architekt Polzin
Bei der Umsetzung jener gefährlichen Standards zeichnet Muheim mit seinem feinen linken Fuß – unter anderem ausgebildet im renommierten Nachwuchs des FC Chelsea – zwar als Initiator verantwortlich, doch hinter den Varianten stecken viel Teamwork und harte Arbeit. Auch das zeigte das 3:0 gegen Magdeburg, als Muheim vor dem aufgebrachten Gästeblock der Magdeburger mit Bierruhe servierte, Schonlau und Meffert an verschiedenen Stellen im Strafraum erfolgreich blockten und Selke perfekt eingelaufen mit Wucht vollstreckte. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Merlin (Co-Trainer Merlin Polzin, Anm. d. Red.) arbeitet in diesem Bereich super mit uns. Wir trainieren unsere Abläufe und Varianten unter der Woche. Wie man sieht, wirkt das ganz gut und trägt seine Früchte“, erklärt der Eckenspezialist.
Doch was ist am Ende eine gute Ecke? „Eine Ecke, die beim Mitspieler ankommt“, antwortet Muheim schmunzelnd, „sie muss mit Zug vor das Tor kommen. Dazu ist das Timing mit den Mitspieler in der Mitte wichtig.“ Für dieses Zusammenspiel sind gleichbleibende Abläufe entscheidend. Deshalb vollzieht der Linksfuß bei der Ausführung auch stetig das gleiche Ritual. „Ich gehe vier Schritte zurück, atme einmal tief durch, suche noch einmal Augenkontakt mit den Spielern in der Mitte, hebe meinen rechten Arm als Zeichen, dass es losgeht, und schlage den Ball dann einfach rein. Dieser Ablauf ist immer gleich“, verrät Muheim. Und wie sich bei der bisherigen Eckenausbeute der Hamburger zeigt, ist jener Ablauf dazu noch sehr erfolgreich.
Dauerbrenner mit Zweikampfhärte
Dabei ist Miro Muheim nicht nur ein Mann mit feiner Eckenklinge, sondern auch ein kantiger Spielertyp, der sich in den vergangenen Jahren mit viel Einsatz und Mentalität gegen Widerstände zu behaupten wusste und weiß. Der gebürtige Züricher hat sich seit seiner Ankunft beim HSV im Sommer 2021 Saison für Saison gesteigert und dabei eine beachtliche Entwicklung vom Ergänzungsspieler zur Stammkraft bis hin zur Führungspersönlichkeit vollzogen. „Quattro M“, der zu Beginn dieser Saison sein 100. Pflichtspiel im HSV-Dress absolvierte, ist aus dem Team der Rothosen nicht mehr wegzudenken, was nicht zuletzt auch seine Einsatzzeit in der laufenden Zweitliga-Spielzeit unterstreicht: 810 von 810 möglichen Spielminuten. Ein Wert, den teamintern einzig Meilenmacher Jonas Meffert ebenfalls vorweisen kann.
Seine körperliche Robustheit hilft Muheim neben der Ausdauer auch bei der Zweikampfführung, wo er hitzige Duelle nicht scheut und diese mehrheitlich für sich entscheidet. So ist der 26-Jährige mit einer Zweikampfquote von 58,82 Prozent hinter Sebastian Schonlau der zweikampfstärkste HSV-Spieler. In der Luft gewinnt der 1,82 Meter große Schweizer gar beeindruckende 76,47 Prozent seiner Duelle. Kein Hamburger verteidigt in dieser Kategorie besser, ligaweit weisen sogar nur neun Akteure einen besseren Wert auf. Miro Muheim ist folglich nicht nur an den vier äußersten Ecken des Spielfeldes ein brandgefährlicher Mann, sondern hinterlässt auf der gesamten Rasenfläche seine Spuren. Ein Typ mit Ecken und Kanten eben.