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27.08.24
Eine besonders intensive Reise: Muheim vor 100. HSV-Spiel
In bis dato 99 Pflichtspielen mit der Raute auf der Brust hat Miro Muheim vielerlei Geschichten erlebt. HSV.de fasst die drei Jahre zusammen und hat mit dem Linksverteidiger über bewegende Momente gesprochen.
100 Spiele für einen Club bedeuten eine besondere Marke. Sie erzählen viele Geschichten, berichten nicht selten von Höhen und Tiefen und haben häufig allerlei Momente – freuden- und tränenreiche – hervorgerufen. Blickt man auf Linksverteidiger Miro Muheim und seine bisherige HSV-Reise mit 99 Pflichtspielen, dann steckt all das drin. Eine Story mit maximalen Ausschlägen, an beiden Enden, auf die es vor dem womöglich 100. HSV-Spiel am Sonnabend gegen den SC Preußen Münster (ab 12.45 Uhr live im HSVnetradio) zurückzuschauen lohnt ...
Emotionen pur im 1. Jahr
Im Sommer 2021 wechselt der Schweizer zunächst auf Leihbasis vom FC St. Gallen an die Elbe, gilt hinter dem vormaligen HSV-Kapitän Tim Leibold als Herausforderer auf der linken Abwehrseite. Der damals 23-jährige Schweizer, einst im renommierten Jugendprogramm des FC Chelsea ausgebildet, ist zweifellos talentiert und bringt vor allem viel Offensivdrang mit, kommt in den ersten acht Ligaspielen aber nur einmal zum Einsatz. Dann verletzt sich Leibold Ende Oktober schwer am Kreuzband und Back-Up Muheim hat die Chance, zur Stammkraft zu werden. Jetzt gilt´s für den bescheidenen Züricher, der sich in Hamburg und beim HSV schnell zuhause fühlt, wohlgemerkt als Leihspieler aber auch unter dem Druck steht, sich für ein langfristiges Engagement zu empfehlen.
Zunächst festgespielt, verliert "Quattro M" (in Anlehnung an seinen vollen Namen Miro Max Maria Muheim) seinen Startelfplatz im letzten Saisondrittel kurzzeitig an Eigengewächs Josha Vagnoman, um dann im fulminanten Saisonfinish mit fünf Siegen aus den letzten fünf Spielen wieder gefragt zu sein und damit seine Resilienz unter Beweis zu stellen – und erstmals im HSV-Trikot zu treffen. „Das war sicherlich einer meiner emotionalsten Momente“, blickt Muheim gegenüber HSV.de auf seinen Premierentreffer beim 4:2-Auswärtssieg in Regensburg zurück. „Es war mein erstes Tor, zudem in einem schwierigen und wichtigen Spiel. Nach meinem Treffer war der Knoten für uns als Team geplatzt und wir haben das Spiel gewonnen.“
„Es war unfassbar, wie viele Fans uns dorthin begleitet haben. Die Stimmung war überwältigend.“
Das erste Tor der Marke Traumtor ist gesetzt – viele weitere werden folgen. Ebenso folgen zeitnah der Höhe- und Tiefpunkt seiner bisherigen HSV-Zeit: Die Bundesliga-Relegation 2022 gegen Hertha BSC. „Das Auswärtsspiel in Berlin war einfach geil. Es war unfassbar, wie viele Fans uns dorthin begleitet haben. Die Stimmung war überwältigend“, erinnert sich Muheim, damals Vorlagengeber zum 1:0 durch Ludovit Reis (Foto oben). „Und dann, nur wenige Tage später, folgte mit dem Rückspiel meine schmerzhafteste Niederlage im HSV-Trikot. Das war einfach sehr, sehr bitter. Sowas möchte ich nicht noch einmal erleben.“
Die zweite Achterbahnfahrt
Doch die emotionale Achterbahnfahrt im blau-weiß-schwarzen Abteil geht mit Hochgeschwindigkeit weiter. Zur Folgesaison entwickelt sich Muheim zum unangefochtenen Stammspieler, fehlt nur in einem Ligaspiel gelbgesperrt und steht 31-mal in der Startelf. In seiner zweiten Spielzeit hilft ihm, mittlerweile fest verpflichtet worden zu sein. Muheim kann „freier aufspielen“ und fühlt sich „noch wohler“ im Team und Club. Das alles schlägt sich in seinen Leistungen und auch in den Statistiken nieder: Erneute und ebenso wichtige Traumtore in Regensburg und gegen Fürth am 32. bzw. 33. Spieltag inbegriffen, markiert der Linksfuß in der Saison 2022/23 zwei Treffer und sieben Assists.
„Dieses Erlebnis werde ich nie, nie vergessen.“
Dann folgt nach dem für viele HSVer traumatischen Saisonfinale in Sandhausen die zweite Relegation gegen den VfB Stuttgart. Das Blatt hat sich im Vergleich zum Vorjahr gedreht: Nach dem klaren 0:3 im Hinspiel scheint das Duell mit den Schwaben bereits entschieden, dann betreten Muheim und seine Teamkollegen den Innenraum des Volksparkstadions. „Das Rückspiel gegen Stuttgart war sehr speziell. Wir kommen hierher und die Stimmung war einfach schon vor dem Anpfiff unfassbar. Ich habe sowas noch nie in meinem Leben erlebt“, blickt Muheim auf einen Gänsehautmoment zurück. „Die Ohren haben weh getan, erst recht nach dem frühen Treffer zum 1:0. Das war mein mit Abstand lautester HSV-Moment, der nochmal viel Energie freigesetzt hat. Dieses Erlebnis werde ich nie, nie vergessen.“
Entwicklung noch nicht am Ende
Das Buch könnte man an dieser Stelle bereits zuklappen, wäre da nicht noch die abgelaufene Saison 2023/24, in der Muheim mit fünf Treffern zum torgefährlichsten Verteidiger der 2. Liga avanciert, sein „schönstes HSV-Tor beim 1:1-Remis in Fürth“ schießt und damit langsam, aber sicher ein Markenzeichen kreiiert hat. Hinzu vollzieht der einst zurückhaltende Schweizer auf und neben dem Platz den nächsten Schritt in seiner Entwicklung, geht mehr und mehr wie ein Führungsspieler voran und darf den HSV im DFB-Pokal in Bielefeld in Vertretung auch erstmals als Kapitän aufs Feld führen. „Für mich war das eine Riesenehre. Es hat mich nochmal in dem Mindset bestätigt, voranzugehen und die Mannschaft mitzuziehen. Der Moment hat mir viel gegeben“, verrät Muheim Anfang des Jahres im Gespräch mit HSV.de.
Muheims Entwicklung in den vergangenen drei Jahren und 99 Pflichtspielen mit der Raute auf der Brust ist bemerkenswert, fußt aber genau auf diesem Mindset, sich stetig weiterentwickeln zu wollen und dabei auch Tiefschläge wegzustecken und verstärkt aus ihnen hervorzugehen - als Team, wie als Individuum. In die Saison 2024/25 ist der 26-Jährige erneut in Manier eines Führungsspielers gestartet, führte in Liga 2 bislang die zweitmeisten Zweikämpfe (64) aller HSVer und gewann davon 62,5 Prozent, darunter jedes einzelne Duell in der Luft. Zudem verbuchte "Quattro M" teamintern die zweitmeisten Pässe (150), meisten Ballaktionen (235) und meisten Torschussvorlagen (5). Und klar, ein sehenswertes Tor hatte der Schweizer im DFB-Pokal beim SV Meppen auch schon wieder in petto. Die nächsten 100 HSV-Spiele können kommen, Miro!