Gegnercheck
27.07.19
Serdar Dursun: "Technik auf Hamburgs Fußballplätzen gelernt"
Der 27-jährige Mittelstürmer Serdar Dursun war in der vergangenen Saison die offensive Lebensversicherung des SV Darmstadt 98. HSV.de sprach mit dem Angreifer, der gebürtig aus Hamburg kommt.
Immer wieder kracht es. Es scheint so, als wenn jeder festgemachte oder verlängerte Ball für ihn wie ein Torerfolg ist. Trotz einer drahtigen Figur schmeißt er sich mit aller Macht in jeden Zweikampf. Für keinen Ringkampf am Boden und kein Kopfballduell in der Luft ist er sich zu schade. Wer Serdar Dusun während eines Spiels genauer beobachtet, der weiß, dass Fußball durchaus mit Arbeit gleichzusetzen ist. Der 27-jährige Mittelstürmer des SV Darmstadt 98 passt mit seiner Spielweise perfekt zur "Lilien"-DNA, die vor Jahren implementiert wurde und den Verein aus Hessen bis in die Bundesliga führte (2015 bis 2017).
Der Weg zum SVD war für den Deutsch-Türken allerdings keinesfalls vorgezeichnet, schließlich liegen die Wurzeln des Angreifers in Hamburg. Am 19. Oktober 1991 erblickte Dursun das Licht der Welt - und beschäftigte sich fortan in (fast) jeder freien Minute mit Fußball. Mit sieben Jahren trat er schließlich dem FTSV Lorbeer Rothenburgort bei und kickte damit erstmals in einem Vereins-Jersey gegen das runde Leder. Über die Stationen SC Vorwärts-Wacker 04 Billstedt und Concordia Hamburg gelangte der 1,90 Meter große Stürmer schließlich zu Hannover 96. Nach zwei Jahren in der U19 und einem Jahr in der Regionalliga-Mannschaft der "Roten" traf Dursun eine weitreichende Entscheidung und schloss sich im Sommer 2011 dem türkischen Erstligisten Eskisehirspor an.
Erst nach rund fünf Jahren und diversen Stationen im Land mit dem Halbmond auf der Flagge kehrte der Rechtsfuß in sein Geburtsland zurück und unterschrieb nach mehreren Probeeinheiten einen Vertrag bei der SpVgg Greuther Fürth. Zwei Jahre, 64 Pflichtspiele und 14 Tore später folgte der Transfer zu seinem jetzigen Arbeitgeber. Ein Wechsel, der sich für beide Seiten absolut ausgezahlt hat. Nachdem der ehrgeizige "Neuner" beim "Kleeblatt" nicht mehr richtig zum Zug kam, wurden seine Dienste beim SVD wieder geschätzt. Der Stürmer dankte das Vertrauen, stand in 35 von 36 möglichen Pflichtspielen auf dem Platz und trug mit 18 direkten Torbeteiligungen (elf Tore, sieben Vorlagen) im Ligabetrieb maßgeblich zum vorzeitig gesicherten Klassenerhalt der Blau-Weißen bei. Einen ganz entscheidenden Schritt auf dem Weg zu diesem letztlich erreichten Ziel machten die "Lilien" im März 2019 ausgerechnet im Volksparkstadion. Nach einem 0:2-Rückstand drehte die Truppe rund um Cheftrainer und Ex-HSVer Dimitrios Grammozis die Partie und feierte dank eines Treffers von Marvin Mehlem in der Nachspielzeit einen nicht mehr für möglich gehaltenen 3:2-Auswärtssieg. Die Vorlage zum entscheidenden Treffer lieferte der gebürtige Hamburger Dursun, der sich nach einem langen Ball rustikal durchgesetzte und die Kugel anschließend per Kopf auf den späteren Torschützen weitergeleitet hatte. Nur rund vier Monate später kehren Dursun und Darmstadt nun erneut in das Volksparkstadion zurück, um wieder auf Punktejagd zu gehen. Der runderneuerte HSV wird allerdings mit allen Mitteln dagegenhalten, schließlich wissen gerade die Verteidiger der Rothosen, welche Gefahr von dem Angreifer mit der Nummer 9 ausgeht. Dieser wiederum hofft natürlich auf einen erneuten Coup, wie er im Interview mit HSV.de verrät. Zudem spricht der bis 2021 gebundene Torjäger über die Zeit auf Hamburgs Fußballplätzen, die Arbeitsweise von Dimitrios Grammozis und natürlich über den bevorstehenden Saisonauftakt.
Serdar, du bist in Hamburg geboren und hast in der Jugend für einige Vereine in der Hansestadt gespielt. Wie blickst du heutzutage auf diese Zeit zurück?
Meine Eltern haben mich mit sieben Jahren beim FTSV Lorbeer Rothenburgsort angemeldet, der fünf bis zehn Minuten Fußweg von mir entfernt war - also quasi direkt vor der Haustür. Wenn ich Zeit habe, schaue ich dort hin und wieder noch vorbei, einige Freunde von mir spielen noch bei den 1. Herren. Mit zwölf Jahren bin ich dann zum SC Vorwärts-Wacker gewechselt, ehe ich ein Jahr später, 2005, mit 13 Jahren zu Concordia Hamburg gewechselt bin, wo ich drei Jahre geblieben bin. Es war eine schöne Zeit, ich erinnere mich noch, wie ich oftmals direkt nach der Schule mit der Sporttasche zum Training gefahren bin.
Nachdem du fast 20 Jahre in Deutschland verbracht hast, bist du im August 2011 in die Türkei zu Eskisehirspor gewechselt. Wie kam es zu dieser weitreichenden Entscheidung?
Als ich 19 Jahre alt war und in der zweiten Mannschaft von Hannover 96 war, stellte sich mir die Frage, ob ich noch ein weiteres Jahr in der Regionalliga spiele oder das Erstliga-Angebot von Eskisehirspor annehme. Ich hatte gute Gespräche mit dem damaligen Trainer und mich schlussendlich für den Profifußball in der Türkei entschieden und bin auch glücklich mit der Entscheidung, denn dadurch habe ich einiges gesehen und viel Erfahrung gesammelt.
Kommen wir zu deinem aktuellen Arbeitgeber. Der SV Darmstadt 98 ist in den vergangenen beiden Jahren jeweils auf Rang 10 in der 2. Bundesliga gelandet. Wie sehen eure Ziele für die kommende Saison aus?
Ich glaube, ich erzähle nichts Neues, wenn ich sage, dass diese Liga unberechenbar und extrem schwierig ist. Meistens entscheidet die Tagesform über die Anzahl der Punkte an dem jeweiligen Wochenende. Deswegen ist es klug, sich ein kurzfristiges Ziel zu setzen, was bei uns lautet: Wir wollen gut in die Saison starten - beginnend mit der Partie beim HSV, wo wir natürlich etwas Zählbares mitnehmen möchten.
Stichwort HSV: Mit Dimmitrios Grammozis habt ihr einen ehemaligen Profi der Rothosen als Cheftrainer. Was zeichnet den 41-Jährigen aus?
Er ist ein akribischer Arbeiter, der sehr auf Details achtet. Ich schätze an ihm, dass er viele Einzelgespräche mit den Spielern führt und immer offen und ehrlich mit einem umgeht. Ich spüre sein Vertrauen, das hilft einem Stürmer natürlich sehr.
Du passt mit deiner kampfbetonten Spielweise optimal in die „Lilien“-DNA. Musstest du dir diesen Spielstil aneignen oder hast du schon damals auf Hamburgs Fußballplätzen so agiert?
Das Bullige und Körperbetonte habe ich mir eher im Erwachsenen-Alter in der Türkei und in Deutschland abgeschaut, auf den Hamburger Fußballplätzen habe ich eher die Technik gelernt.
Am Sonntag reist ihr in deine Heimatstadt, um den 1. Spieltag der neuen Saison zu bestreiten. Ist es für dich, obwohl du nie beim HSV gespielt hast, eine ganz besondere Partie?
Es ist immer schön, in der Heimatstadt zu spielen, vor Familie und Freunden. Besonders die letzte Auswärtspartie beim HSV war etwas Besonderes für mich, weil ich immer mal in diesem Stadion spielen wollte. Und es ist immer schön, in großen Stadien vor vielen Zuschauern zu spielen.
Dein Bruder ist in der Jugend des FC St. Pauli aktiv. Bist du dementsprechend auch eher ein Anhänger der „Kiezkicker“ oder hast du früher dem HSV die Daumen gedrückt?
Mir sind grundsätzlich beide Hamburger Vereine sympathisch, auch damals als Kind schon. Als waschechten Fan würde ich mich aber nicht bezeichnen. Das erste Mal war ich mit zwölf Jahren im Volksparkstadion, damals habe ich mir gewünscht, eines Tages mal in diesem Stadion auflaufen zu dürfen. Diesen Wunsch habe ich mir im vergangenen März erfüllt, als wir mit Darmstadt 98 dort gespielt haben.