Interview
10.01.24
Miro Muheim: „Es ist richtig Feuer drin“
Im HSV.de-Interview spricht Miro Muheim über das Trainingslager in Sotogrande, das morgige Testspiel gegen seinen Jugendclub FC Zürich und seine Ziele für die Rückrunde 2023/24.
Der Trainingsplan der Rothosen im Trainingslager in Sotogrande ist bisweilen so vollgestopft, dass auch die Terminfindung für Interviews nicht ganz so einfach ist. Miro Muheim verschaffte sich am vollgepackten Donnerstag zwischen dem Mittagessen und dem Tapen für die Nachmittagseinheit trotzdem ein kurzes Zeitfenster für ein Gespräch. Denn dafür gab es gleich mehrere Anlässe: Zum einen hat der Linksverteidiger in Südspanien bisher jede einzelne Einheit absolviert und eignet sich für ein Zwischenfazit und zum anderen steht für den Schweizer mit dem morgigen Testspiel gegen den FC Zürich eine besondere Partie auf dem Programm. Am 24. März 1998 als Miro Max Maria Muheim in Zürich geboren und anschließend im Industriequartier der Großstadt aufgewachsen, wechselte „Quattro M“ bereits im Alter von fünf Jahren in die Jugendakademie des FCZ. Knapp ein Jahrzehnt lang wurde er dort fußballerisch ausgebildet, ehe er im Nachwuchs des FC Chelsea (2014-16) den Feinschliff erhielt. Es kommt also zu einem besonderen Wiedersehen für den heute 25-Jährigen, über das er ebenso sprach wie über das kräftezehrende Trainingslager in Sotogrande und die kommende Rückrunde in der 2. Liga. Dabei kam es während des Talks zu einer unverhofften Überraschung für Muheim und seine Kollegen.
Miro, das Trainingslager hat es in sich: Fast an jedem Tag warten zwei Trainingseinheiten auf dem Platz sowie zusätzliche Sessions im Pool und im Kraftraum des Hotels auf euch. Wie nimmst du all das wahr?
Es ist vor allem sehr anstrengend. Das ist zwar normal für ein Trainingslager, aber dieses Mal geht es wirklich äußerst intensiv zur Sache: Wir haben jetzt über mehrere Tage hinweg vier Trainingseinheiten täglich absolviert, sind dabei meist schon um 7.00 Uhr auf den Beinen und oft erst gegen 22.00 Uhr wieder auf den Zimmern. Unterm Strich hatten wir viele gute Trainingseinheiten, in denen wir in vielen Bereichen zielstrebig gearbeitet haben. Das gibt uns ein gutes Gefühl für die kommenden Wochen und Monate.
Es herrscht von außen auch der Eindruck, dass ihr diese vom Trainerteam eingeforderte Intensität als Team sehr gut annehmt und unbedingt eine Schippe drauflegen wollt.
Das stimmt. Exemplarisch steht dafür vielleicht der gestrige Tag: Wir waren alle extrem müde, haben in den zwei Trainingseinheiten auf dem Platz aber Vollgas gegeben. Es war richtig Feuer drin, mit reichlich Diskussionen und auch etwas Trash-Talk. Ich persönlich finde es geil, wenn man sich auch mal auf diese Weise gegenseitig fordert, solange es immer im respektvollen Rahmen geschieht. Das war gestern speziell und es hat dann auch Spaß gemacht, zu sehen, wie alle mitgehen und mitziehen.
Zu einem Trainingslager gehören auch immer Testspiele. Vor ein paar Tagen habt ihr gegen die PSV Eindhoven gespielt, du hast es dabei mit dem belgischen Top-Talent Johan Bakayoko zu tun gehabt. Wie war diese Erfahrung?
Er ist ein unfassbar guter Spieler, vor allem in den Eins-gegen-eins-Aktionen. Für mich war das eine super Herausforderung, die ich in meinen Augen ganz gut bewältigt habe. Denn ganz so häufig ist er nicht an mir vorbeigekommen. Und wir haben es grundsätzlich als Mannschaft ganz gut gemacht, besonders in der ersten Hälfte. Wir haben viele Chancen herausgespielt und zugleich über weite Strecken des Spiels gegen eine wirklich sehr gute Mannschaft ordentlich verteidigt.
Das zweite Testspiel steht nun am morgigen Donnerstag gegen den FC Zürich auf dem Programm. Inwieweit ist diese Partie für dich als gebürtiger Züricher und Eigengewächs des Clubs etwas Besonderes?
Der FC Zürich ist mein Kindheitsverein. Ich habe mit fünf Jahren dort angefangen und war bis ins Teenageralter ein Teil dieses Clubs. Ich bin mit diesem Verein aufgewachsen, daher ist es natürlich eine sehr spezielle Begegnung für mich. Ich freue mich sehr darauf, ein paar bekannte Gesichter wiederzusehen. Aus dem Umfeld der aktuellen Mannschaft gibt es da allerdings gar nicht mehr so viele Personen, da ich den Club vor allem auf der Nachwuchsebene intensiv kennenlernen durfte.
Wie schätzt du die Züricher Mannschaft ein, worauf wird es ankommen?
Die Züricher besitzen eine gute Kontermannschaft mit schnellen Spielern im Angriff. Sie kommen weniger über den Ballbesitz, sondern spielen schnörkellos und schnell nach vorn und haben definitiv ihre Qualität. Wir wollen unser Spiel durchdrücken. Natürlich sind wir vom bisherigen Trainingslager müde, aber es geht darum, noch einmal alles rauszuhauen, um auch einen positiven Abschluss zu schaffen.
In diesem Moment kommen Robert Glatzel und Ludovit Reis aus dem Essensraum des „SO/Sotogrande“ an Muheim vorbei. „Miro, we don´t have a second training“, verrät Reis. „Und auch kein Gym am Abend“, ergänzt Glatzel. „No?“, entgegnet Muheim fast ungläubig und faltet die Hände Richtung Himmel. Eine unverhoffte, aber verdiente Pause.
Lass uns zum Ende nochmal einen Blick auf die bevorstehende Rückrunde werfen. Was hast du dir persönlich vorgenommen und was macht dich zuversichtlich, dass ihr das große Ziel als Team dieses Mal erreichen werdet?
Mein persönliches Ziel ist es, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Ich will mit Leistung vorangehen, auf dem Platz noch lauter sein und auch abseits davon alles geben. Als Team ist es wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen. Wir machen das schon sehr gut, aber es gibt immer Verbesserungspotential. Wir sehen in diesem Trainingslager, dass wir bereit dazu sind, noch mehr zu machen und uns dabei gegenseitig als Kollektiv zu pushen. Wir wollen noch stärker zusammenhalten.
Stichwort Verantwortung: Du hast in dieser Saison im Pokal gegen Bielefeld in Vertretung auch einmal die Kapitänsbinde getragen. Wie hast du diesen Moment rückblickend wahrgenommen?
Für mich war das eine Riesenehre, den HSV als Kapitän aufs Feld führen zu dürfen. Es zeugt zudem von Vertrauen in meine Person und hat mir auch sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Das bestätigt mich nochmal in dem Mindset, voranzugehen und die Mannschaft mitzuziehen. Der Moment hat mir also wirklich viel gegeben.
Abschließende Frage: Der Zweitliga-Rückrundenauftakt auf Schalke wird ohne dich stattfinden, da du noch gesperrt bist. Wie schwer wird es dir fallen, dieses Spiel als Zuschauer zu verfolgen?
Puh, ich bin wirklich ein ganz schlechter Zuschauer. In der vergangenen Saison war ich zum Ende der Saison gegen Hannover 96 auch einmal gesperrt. Die Partie ist 6:1 ausgegangen, da war es nicht ganz so schlimm. Aber in der laufenden Saison musste ich in der Hinrunde verletzungsbedingt beim Spiel in Osnabrück passen und es war schon ein ekliges Gefühl, nicht eingreifen und nur zuschauen zu können. Darauf könnte ich dieses Mal gern verzichten, aber ich bin mir sicher, dass die Jungs es auch ohne mich gut machen werden.