Interview
29.08.24
„Mario war, ist und bleibt Mitglied unserer HSV-Familie“
Die HSV-Vorstände Stefan Kuntz und Dr. Eric Huwer äußern sich im hsv.de-Interview zum Doping-Urteil gegen Mario Vuskovic, zu vielen Reaktionen und den Folgen für den HSV.
hsv.de: Vor zwei Tagen erreichte den HSV das Vier-Jahre-Sperre-Dopingurteil des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) gegen Mario Vuskovic. Stefan, du hast mit als erstes sofort die Mannschaft informiert. Warum eigentlich? Und wie war die unmittelbare Reaktion?
Stefan Kuntz: Für mich war und ist es selbstverständlich, dass Marios Mitspieler und Kollegen aus erster Hand von diesem weitreichenden Urteil erfahren mussten. Vor allem, weil die Mannschaft ja nach wie vor ein sehr enges und emotionales Verhältnis zu Mario pflegt. Die Reaktionen fielen entsprechend aus. Die Spieler waren wie wir bestürzt, die Stimmung sank in Sekundenbruchteilen auf den Nullpunkt. Das gehört dazu, wenn man aufeinander aufpasst.
Wie waren sonst die Reaktionen im und um den HSV?
Dr. Eric Huwer: Die Reaktionen waren weitgehend einheitlich. Ein Großteil unserer Geschäftsstelle war tief betroffen. Wir haben zudem zahlreiche E-Mails und Anrufe von treuen Partnern, Gesellschaftern und Fans erhalten, die alle denselben Tenor hatten: Bestürzung, Unverständnis und Mitgefühl. Dieses Stimmungsbild spiegelt sich auch in den sozialen Medien wider.
Stefan, hast du die Befürchtung, dass das Urteil und das daraus resultierende Stimmungstief auf die Leistung der Mannschaft Auswirkungen haben könnten?
Stefan Kuntz: Du kannst nicht jedem einzelnen Spieler hinter die Stirn gucken. Gestern war die Stimmung schon wieder anders, sehr fokussiert auf die anstehende Aufgabe. Ich habe den Eindruck, dass die schlechte Nachricht aus Lausanne einen zusätzlichen Motivationsschub für unsere Mannschaft auslösen könnte. Das Team will für Mario gewinnen und ihm vom Spielfeld aus eine aufmunternde Botschaft senden.
Gibt oder gab es schon Kontakt zu Mario?
Dr. Eric Huwer: Der Kontakt ist seit Beginn der Trainings- und Spielsperre von Mario im Jahr 2022 nie abgebrochen.
Wie ist euer Eindruck von Marios Zustand? Seine jüngsten Social-Media-Posts wirken weiterhin kämpferisch und ungebrochen.
Stefan Kuntz: Das ist auch mein Eindruck. Wir dürfen nicht vergessen, dass er erst 22 Jahre alt ist und die Situation alles andere als alltäglich. Mario wirkt stabil und ist wahnsinnig reif. Trotzdem braucht er auch weiterhin Rückendeckung und ein gutes Umfeld, das ihn stützt und in dieser schwierigen Phase begleitet. Das Urteil ist für einen ehrgeizigen Fußballer und für einen Menschen wie Mario, der seit Monaten seine Unschuld beteuert, ein heftiger Schlag. Wir müssen schauen, was die nächsten Tage und Wochen mit ihm machen.
Wie geht es weiter? Wie geht der HSV mit der neuen Sachlage jetzt um?
Dr. Eric Huwer: Ich hoffe, dass jedem bewusst ist, dass es zu diesen Fragen heute keine endgültigen Antworten geben kann. In einer so komplexen Situation dürfen wir keine übereilten Entscheidungen treffen, auch aus Respekt vor Mario und aus Verantwortung gegenüber dem Verein. Wir müssen akzeptieren, dass die Berufung von Mario vor dem CAS keinen Erfolg hatte und die Möglichkeit weiterer Rechtsmittel sehr eingeschränkt ist, auch wenn uns das emotional schwerfällt. Es ist alles andere als einfach.
Wissenschaftliche Gutachten und führende Experten haben nach wie vor Zweifel an Marios positivem Befund geäußert. Wir waren zuversichtlich, dass diese Zweifel in Lausanne Gehör finden würden – doch leider war dem nicht so. Bei all den juristischen Verfahren, Stellungnahmen, Paragraphen und den vielen fachlichen Diskussionen von renommierten Wissenschaftlern aus der ganzen Welt geht es für uns jedoch nicht nur um unseren Spieler Mario Vuskovic, sondern vor allem um den Menschen. Und für ihn werden wir auch weiterhin da sein. Mario war, ist und bleibt ein fester Bestandteil unserer HSV-Familie.
Stefan Kuntz: Ja, wir werden Mario nicht fallenlassen. Und wir werden uns ebenso wenig drängen lassen, was die nächsten Schritte betrifft. Zunächst einmal müssen die Anwälte das Urteil und die umfangreichen Begründungen durcharbeiten und mit Mario besprechen. Dann werden auch wir in den Austausch mit Mario treten und gemeinsam festlegen, welche Schritte als nächstes folgen. Ich bitte um Verständnis, dass all das nicht von heute auf morgen passiert. Wir müssen schließlich auch einen rechtlichen Rahmen beachten, was überhaupt möglich ist.
Was erwartet ihr am Sonnabend im Volksparkstadion?
Dr. Eric Huwer: Unsere Fans und Mitglieder haben in den letzten Tagen auf den unterschiedlichsten digitalen Kanälen eindrucksvoll Stellung bezogen. Ich bin sicher, dass diese Unterstützung und Leidenschaft auch am Spieltag spürbar sein wird, sowohl im Stadion als auch rund um das Spiel.
Stefan Kuntz: Ich erwarte vor allem eine Einheit, die gemeinsam drei Punkte anstrebt. Für den HSV und natürlich auch für Mario.
Danke für das Gespräch.