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Interview
06.01.24
„Ich habe dieses Gefühl sehr vermisst“
Im HSV.de-Interview spricht Vize-Kapitän Ludovit Reis über seine Rückkehr auf den Trainingsplatz, den Umgang mit Verletzungen und Rückschlägen und sein großes Ziel für das Jahr 2024.
Nach einer dreimonatigen Verletzungspause aufgrund einer Schulter-OP steht Mittelfeldmotor und Vize-Kapitän Ludovit Reis dieser Tage im Trainingslager in Sotogrande erstmals wieder mit der Mannschaft auf dem Platz. Aktuell trägt er dabei noch ein graues Leibchen, das ihn als neutralen Spieler markiert, der nicht attackiert werden darf. Doch allein der Anblick, den 23-jährigen Niederländer wieder gewohnt spritzig und frisch mit dem Ball am Fuß in Action zu sehen, löst bei Mitspielern, Trainern und Fans ein gutes Gefühl für die bevorstehende Rückrunde aus.
Über Gefühle sprach „Ludo“ dann auch am heutigen Sonnabendmittag zwischen den beiden angesetzten Trainingseinheiten im Gespräch mit HSV.de. So äußerte sich der Box-to-Box-Player über seine Rückkehr auf den Platz, die vorangegangenen drei Monate ohne seinen geliebten Fußball und sein großes Ziel für das Jahr 2024, das noch immer von einem prägenden Gefühl aus dem Vorjahr befeuert wird.
HSV.de: Ludo, du trainierst in Sotogrande erstmals nach deiner Schulterverletzung wieder mit dem Team. Wie geht´s dir und wie ist das Gefühl, wieder auf dem Platz zu stehen?
Ludovit Reis: Mir geht´s sehr gut, Danke. Ich bin wieder da. Und ich habe dieses Gefühl sehr vermisst: Den Ball am Fuß zu haben, mit den Jungs auf dem Platz zu stehen und das zu machen, was ich am meisten liebe: Fußball zu spielen. Das ist einfach das Schönste.
Aktuell bist du noch als neutraler Spieler teilintegriert im Training dabei. Wie groß ist schon wieder das Vertrauen in deine Schulter?
Das Vertrauen ist sehr hoch. Es fühlt sich alles stabil an. In meinem Kopf bin ich diesbezüglich schon wieder bei 100 Prozent, aber ich weiß auch, dass ich Geduld mitbringen muss. Ich darf nicht zu schnell zu viel wollen. Aktuell komme ich noch nicht so viel in Kontakt mit den anderen Spielern und natürlich fehlen mir am meisten die Zweikämpfe. Wenn ich diese aber wieder führen darf, habe ich ein gutes Gefühl, schnell wieder vollständig zurück zu sein.
"Ich bin dankbar, dass mir der HSV das ermöglicht hat"
![Gym-Session: Ludovit Reis arbeitet auch in Sotogrande an der nötigen Stabilität seiner Schulter. Gym-Session: Ludovit Reis arbeitet auch in Sotogrande an der nötigen Stabilität seiner Schulter.](/fileadmin/_processed_/f/2/csm_Reis_Gym_585_4d065726be.jpg)
Bist du generell ein geduldiger Mensch?
(schmunzelt) Im Hinblick auf den Fußball eher nicht. Aber vor allem nach der erneuten Verletzung meiner Schulter hatte ich das Gefühl, dass ich dieses Mal mehr Geduld mitbringen muss, um auch wirklich zu 100 Prozent zurückzukommen. Das war auch eine der Gründe, warum ich mich in enger Abstimmung mit meiner Familie für eine Operation entschieden habe. Im Nachhinein war das die richtige Entscheidung.
Die Verletzung hat dich über mehrere Monate außer Gefecht gesetzt. Wie bist du damit umgegangen?
Es war mental keine leichte Situation. Drei Monate Pause sind für einen Profifußballer echt eine lange Zeit. Ich hatte währenddessen aber gute Leute um mich herum, allen voran meine Familie. Ich habe einen Teil meiner Reha in Amsterdam gemacht, um nah bei ihr sein zu können und auch mal auf andere Gedanken zu kommen. Das hat mir sehr geholfen. Ich bin dankbar, dass mir der HSV das ermöglicht hat. Diese Unterstützung ist nicht selbstverständlich.
Zu den Spielen warst du immer im Volksparkstadion vor Ort dabei. Wie schwer fiel es dir, hier die Zuschauerrolle einnehmen zu müssen und wie hast du die Mannschaft wahrgenommen?
Das war für mich brutal schwer. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich als Zuschauer deutlich nervöser bin, als wenn ich als Spieler da unten auf dem Platz stehe. Ich bin dann einfach in der Rolle des Fans, raste bei den Toren völlig aus und zittere bei den Fehlern richtig mit. Das ist ja normal, weil man sich das Beste für sein Team wünscht. Ich denke, dass wir sicherlich mehr Punkte hätten holen können, aber besonders zu Hause haben wir auch sehr gute Spiele gemacht.
"Mein einziges Ziel für das Jahr 2024 ist es, mit diesem Club in die 1. Bundesliga aufzusteigen"
![Blick nach vorn: Ludovit Reis will seinen Beitrag zu einer erfolgreichen Rückrunde leisten. Blick nach vorn: Ludovit Reis will seinen Beitrag zu einer erfolgreichen Rückrunde leisten.](/fileadmin/_processed_/3/3/csm_Reis_zeigt_585_5013782160.jpg)
Lass uns nach vorn blicken: Das Jahr 2024 ist sechs Tage alt. Bist du ein Mensch, der sich besondere Vorsätze für das neue Jahr nimmt?
Neujahrsvorsätze im klassischen Sinne nicht, aber eines steht für mich fest: Ich habe noch immer das gleiche Ziel wie im letzten Jahr. Mein einziges Ziel für das Jahr 2024 ist es, mit diesem Club in die 1. Bundesliga aufzusteigen. Dabei habe ich mir vorgenommen, eine noch bessere Saison als im Vorjahr zu spielen. Das wird durch die Verletzungen leider etwas schwer, aber mein Fokus liegt einzig und allein auf diesem Ziel.
Wie schwer war es vor diesem Hintergrund für dich, dieses Ziel im letzten Jahr in Sandhausen fast erreicht zu wissen und dann doch verpasst zu haben?
Das Gefühl, das wir dort für diese rund fünf Minuten hatten – die ganzen Fans auf dem Platz, diese pure Freude und Ekstase –, ist schlichtweg nicht in Worte zu fassen. Es war so gut und dann wurde uns all das im letzten Moment aus den Händen gerissen. Daraus ziehe ich eine große Motivation, da ich dieses Gefühl wieder erleben will. Wir haben jetzt eine neue Chance aufzusteigen und ich will hierbei vorangehen.
Vorangehen ist ein gutes Stichwort für die laufende Saison, in der du zum neuen Vize-Kapitän ernannt worden bist. Inwieweit hat sich in dieser Rolle etwas für dich verändert?
Ich bin ein Spieler, der vor, während und nach dem Spiel mit seinen Teamkollegen spricht und viele Dinge analysiert. Das war schon immer so. Als Vize-Kapitän bin ich in dieser Saison diesbezüglich noch mehr gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Es geht dabei auch darum, weiter dazu zu lernen, allen voran von unserem Kapitän „Bascho“. Er ist für mich ein großes Vorbild und ich bin froh, ihn um mich zu wissen. Auch andere Führungsspieler in unserem Team wie bspw. „Bobby“, „Meffo“ oder „Ferro“ sind mit ihrer Arbeitsmoral und Mentalität eine tolle Inspiration.
"Alle hier wollen dieses Gefühl wieder spüren"
![Wichtiger Ton- und Taktgeber im Spiel der Rothosen: Mittelfeldmotor Ludovit Reis. Wichtiger Ton- und Taktgeber im Spiel der Rothosen: Mittelfeldmotor Ludovit Reis.](/fileadmin/_processed_/c/d/csm_Reis_Spiel_585_974122690a.jpg)
Inwieweit liegt es in deinem Naturell, zu führen und voranzugehen?
Ich war schon in der Jugend immer Kapitän. Das ist für mich also nicht neu. Natürlich bin ich noch ein junger Spieler, aber ich habe in den vergangenen sechs Jahren meiner Laufbahn schon Einiges gesehen und gelernt. Jetzt geht es darum, diese Erfahrung einzubringen und das ist eine schöne Herausforderung. Meine Mitspieler wissen, dass ich ein Spieler bin, der gern den Ball hat, immer anspielbar ist und dadurch Verantwortung übernimmt. Ein guter Leader führt aber nicht nur auf dem Platz, sondern auch abseits davon, indem er zum Beispiel immer mit einer positiven Mentalität vorangeht.
… und mit großer Beharrlichkeit seine Ziele verfolgt: Du hast im Sommer 2023 gesagt, dass du beim HSV noch nicht fertig bist und auch deshalb ein weiteres Jahr in der 2. Liga bleibst.
Wenn ich ein Ziel habe, dann möchte ich es erreichen. Ich weiß, dass wir noch viel für dieses Ziel machen und investieren müssen, aber der Glaube und die Energie sind da und das ist wichtig, weil du dadurch jeden Tag Spaß daran hast, dich weiter verbessern zu wollen.
Wie nimmst du diesbezüglich die ersten Trainingstage der Wintervorbereitung wahr?
Alle hier wollen dieses Gefühl aus dem Vorjahr, von dem ich vorhin gesprochen habe, wieder spüren. Die Gier, unser Ziel zu erreichen, ist sehr groß. Alle wissen darum, alle wollen es. Dementsprechend sind wir voller Tatendrang und wissen auch, dass es gut ist und hilft, intensiv dafür zu trainieren.
Abschließend: Morgen geht´s im Test gegen den niederländischen Tabellenführer PSV Eindhoven. Wie blickst du als Landsmann auf die bisherige Saison der PSV und das Duell?
Ich habe in der Jugendnationalmannschaft mit vielen PSV-Spielern zusammengespielt und hatte in der Jugend auch einige von ihnen als Gegenspieler. Natürlich haben sie eine sehr gute Mannschaft, die in der Hinserie für viel Furore gesorgt hat. Es ist keinesfalls leicht, in der Eredivisie derart dominant aufzutreten und sich zusätzlich für das Achtelfinale der Champions League zu qualifizieren. Auf uns wartet daher eine große Herausforderung und ein guter Test.