Verein
27.03.24
Huwer: „Das werte ich als großen Erfolg!“
HSV-Vorstand Dr. Eric Huwer äußert sich zu den Ergebnissen der außerordentlichen Mitgliederversammlung und zum weiteren Vorgehen der Arbeitsgruppe Rechtsform.
Die außerordentliche Mitgliederversammlung des HSV am vergangenen Sonnabend sorgte für Gesprächsstoff. Zunächst hatten die Mitglieder nahezu einstimmig den Rechtsformwechsel der HSV Fußball AG in die HSV Fußball AG & Co. KGaA beschlossen. Dann – in Abstimmungsschritt zwei – fehlte dem Antrag der Arbeitsgruppe Rechtsform, neues Eigenkapital von bis zu 50% aller Gesellschaftsanteile in der KGaA einwerben zu dürfen, die notwendige Dreiviertelmehrheit. Hsv.de sprach dazu mit HSV-Vorstand Dr. Eric Huwer.
hsv.de: Was überwiegt nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung: Die Freude über den nun einzuleitenden Rechtsformwechsel oder die Enttäuschung über das zweite Abstimmungsergebnis?
Dr. Eric Huwer: Mit ein paar Tagen Abstand betrachte ich eindeutig das Ergebnis der ersten Abstimmung als entscheidend - und das lese ich zu wenig. Im Vorwege der Abstimmung auf der Mitgliederversammlung, im Rahmen der Infoveranstaltungen und in zahlreichen Gesprächen hatten wir das Gefühl, mit den erarbeiteten Anträgen auf eine breite Zustimmung zu stoßen. Dies liegt nicht zuletzt an der so breit aufgestellten Struktur der Arbeitsgruppe „Rechtsformwechsel“. Der gesamte Prozess war - von der Initiative auf einer Mitgliederversammlung über die Zusammenstellung der Arbeitsgruppe, die konstruktiv-kontroverse Erarbeitung des Vorschlags bis hin zur maximal transparenten Information aller interessierten Mitglieder - aus meiner Sicht sinnbildlich für das Miteinander in unserem Verein. Wir konnten im Rahmen unseres Entwicklungs- und Vorstellungsprozesses darstellen, warum dieser Rechtsformwechsel genau jetzt der richtige Schritt für den HSV ist. Wir sind der erste Club im deutschen Profifußball mit dieser Rechtsform und haben damit einen wegweisenden Schritt vollzogen, der auf zwei Säulen ruhte: Mitgliederrechte zu stärken und dabei für die Zukunft grundsätzlich Möglichkeiten einer verantwortungsvollen Kapitalbeschaffung zu prüfen. Wir haben in einem intensiven partizipativen Prozess bewiesen, dass darin angesichts unserer Rechtsformmechanik und formulierter Leitplanken kein Widerspruch steckt. Dies begegnete trotz aller Komplexität und bekannter Vorbehalte am Sonnabend lediglich einer Hand voll Gegenstimmen und Enthaltungen und erfährt damit eine außergewöhnliche Unterstützung von allen wichtigen Stakeholdern des HSV in einem derzeit durchaus angespannten Umfeld mit Blick auf vergleichbare Prozesse in der Liga. Das werte ich als großen Erfolg.
Dagegen spricht doch dann aber das zweite Abstimmungsergebnis.
Huwer: Das würde ich so pauschal nicht sagen. Richtig ist, dass wir die zwei Anträge schon als einen zusammenhängenden Schritt betrachtet haben. Und wir haben sehr deutlich erklärt, warum der jetzige Zeitpunkt auch der richtige ist, um die Möglichkeit zu schaffen, aus einer gestärkten Position neues Eigenkapital einwerben zu können, auch um die Entschuldung des HSV zu forcieren sowie die Maximierung unserer wirtschaftlichen Souveränität und den Club zukunftstauglicher für jegliche Szenarien aufzustellen. Die Ausgabenotwendigkeiten morgen werden steigen, die nachhaltige Antwort darauf sind wirksame Investitionen heute. Ein Verharren im Status Quo widerspricht unseren Ambitionen. Wir werden den gemeinsamen Weg weitergehen und nach einer tiefgehenden Analyse des Prozesses, der Ergebnisse und der folgenden Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft unsere Arbeit mit den entsprechenden Ableitungen fortsetzen. Dabei werden wir abermals den Austausch mit Kritikern wie Befürwortern suchen. Trotz fehlender Dreiviertelmehrheit beim zweiten Antrag sind wir deutlich enger zusammengerückt. In der Kontroverse liegt auch eine Form des Miteinanders.
Wie war denn das bisherige Feedback aus der Mitgliedschaft?
Huwer: Ausgesprochen positiv und bestärkend. Nicht nur in den Redebeiträgen am Sonnabend habe ich viel Vertrauen gespürt. Bei uns in der Arbeitsgruppe sind sehr viele dankbare und aufmunternde Rückmeldungen eingegangen. Mein in der Arbeitsgruppe und allen Gesprächen geäußerter Wunsch und fast schon Appell war, jegliche Art emotionaler Gräben bereits in der Entstehung partout zu vermeiden und in der kritischen Diskussion mehr Chancen als Risiken zu sehen. Das Miteinander ist auf lange Sicht das schutzbedürftige Gut. Die negativen Erfahrungen mit dem Ausgliederungsprozess 2014 und dessen Folgen haben mit diesem Rechtsformwandel ein Ende gefunden. Es gab viel Lob für Transparenz, Mitnahme, aber auch für die inhaltlichen Botschaften. Dass wir nichts Blaues vom Himmel versprechen, dass wir keinen „Transfergroßangriff“ planen, sondern hanseatisch mit einem Höchstmaß an Seriosität agieren, dass wir für eine stete Stabilisierung des HSV arbeiten, dass wir die Mitgliederrechte nachhaltig stärken und nicht zuletzt, dass wir einen Supporters Trust schaffen wollen, um auch Fans die Chance zu geben, Gesellschafter zu werden. Positives Feedback gab es auch für das mit diesem Schritt verbundene so klare Bekenntnis zur 50+1-Regel. Das alles motiviert uns sehr, diesen, unseren Weg fortzusetzen. Aber nicht mit Ankündigungen oder neuen Abstimmungsplanungen, sondern ergebnisoffen, wieder mit Gesprächen, Rückfragen, womöglich klarstellenden Informationen und dann gerne auch mit weiteren kontroversen Diskussionen
Wie ist denn jetzt der genaue Stand? Was passiert, was kann nicht passieren?
Huwer: Die Rechtsformänderung ist beschlossen und wird entsprechend umgesetzt. Bis zur Eintragung ins Handelsregister wird es sicherlich noch ein paar Monate dauern. Unser priorisiertes Vorhaben, das Aufsetzen des Supporters Trust, kann zunächst nicht umgesetzt werden. Wir wollen die kommenden Wochen und Monate aber nutzen, um diesbezüglich weitere vorbereitende Maßnahmen sowie Strukturen zu prüfen und auch diesbezüglich den Austausch mit der interessierten Mitgliedschaft zu suchen respektive zu halten. Zusammenfassend kann ich sagen: Wir haben aus unserem Zusammenhalt einen ersten großen Meilenstein erreicht, jetzt führen wir den Diskurs und transparenten Austausch in dieser Art und Weise voller Überzeugung fort.
Danke für das Gespräch.