Vorbericht
03.08.18
Historischer Saisonauftakt gegen Holstein Kiel
Vor dem ersten Zweitliga-Spiel der Vereinsgeschichte ist die Vorfreude bei Fans und Verantwortlichen groß. Bei allen positiven Ansätzen sind aber auch weiterhin Bodenhaftung und Demut angesagt.
Wenn heute Abend um 20:30 Uhr die neue Zweitligasaison mit dem Heimspiel des HSV gegen Holstein Kiel angepfiffen wird, sind genau 83 Tage und etwas über drei Stunden vergangen, seit der Hamburger Sport-Verein sein bis dato einzigartiges Alleinstellungsmerkmal der ewigen Bundesliga-Zugehörigkeit verloren hat. In den 83 Tagen seit dem schwärzesten Tag der Vereinsgeschichte ist allerdings eine Menge passiert, dessen Anfang bereits in den letzten Minuten der vorerst letzten Partie im deutschen Fußballoberhaus lag. Als über 50.000 Kehlen „Mein Hamburg lieb ich sehr“ mit voller Inbrunst in das weite Rund sangen und die Spieler, die gegen Gladbach wie in den Wochen zuvor noch ein letztes Mal aufopferungsvoll kämpften – und auch Fußball spielten, wie alle Zuschauer auf den Rängen Gänsehaut bekamen, deutete sich an, dass der tiefe Fall auch der Schwung für etwas Neues sein könnte, ja sogar sein musste.
Jüngster Kader aller Erst- und Zweitligisten
In den vergangenen 83 Tagen hat sich nun angedeutet, wohin der Weg führen könnte. Insgesamt 13 Spieler verließen den Verein oder die ausgelaufenen Verträge wurden nicht verlängert. Mit Gotoku Sakai, Aaron Hunt und Lewis Holtby bekannten sich drei erfahrene Bundesliga-Spieler und nicht zuletzt mit Fiete Arp auch einer der großen Nachwuchshoffnungen des Vereins zu ihrem Club und unterschrieben neue Kontrakte für die zweite Liga. Dazu wurden mit Khaled Narey, Christoph Moritz, Jairo Samperio, Manuel Wintzheimer und David Bates fünf ebenso hoffnungsvolle Neuzugänge geholt und insgesamt zehn hungrigen Talenten aus der U21 und der U19 das Vertrauen ausgesprochen und in den Profikader hochgezogen. Mit 22,9 Jahren stellt der HSV nun den jüngsten Kader aller Erst- und Zweitligisten, der zweifelsohne viel Potenzial besitzt. Dazu kommt mit Christian Titz ein Trainer, der genau dieses Potenzial gerne freilegt. „Ich bin jemand, der sehr gern auf junge Leute setzt und sie auch fördert. Aber die Mischung muss stimmen“, sagte er unlängst.
Bei der Zusammenstellung wurde nicht primär auf das Alter geachtet, sondern auf die Qualitäten, die jeder einzelne mitbringt. Dies alles soll in der Spielidee des Cheftrainers münden. Viel Ballbesitz, sicheres Kombinationsspiel und variable Systeme sollen auf dem Rasen zum Erfolg führen und Lust beim Zuschauen verbreiten. In den Vorbereitungsspielen hat das mit Ausnahme in der Partie gegen Aarhus (1:5) sehr gut geklappt. Am Ende standen sieben Siege aus acht Testspielen zu Buche, darunter die Erfolge gegen die Champions-League-Teilnehmer ZSKA Moskau (1:0) und AS Monaco (3:1).
Ausverkauftes Haus - Hunt fällt aus
Was das alles in der zweiten Liga wert ist, wird sich erst noch zeigen. „In der zweiten Liga wird man kein Spiel einfach so im vorbeigehen gewinnen. Ich erwarte von meinen Spielern, dass sie die Bereitschaft zeigen und die Herausforderung annehmen“, wiederholte sich Titz in der Pressekonferenz vor dem heutigen Ligastart. Die Demut zwischen den Zeilen ist noch deutlich zu hören, auch wenn gerade die Anhänger eine große Vorfreude auf die neue Spielzeit versprühen. Seit dem Abstieg konnte der HSV über 7.500 neue Mitglieder begrüßen. Mit 84.200 Mitgliedern ist damit auch ein neuer Rekordstand erreicht. Über 25.000 Dauerkarten wurden zudem abgesetzt, das sind genauso viele wie in der Bundesliga. Das Heimspiel gegen Kiel ist seit Wochen ausverkauft. „Es ist schön zu sehen, dass wir so eine tolle Anhängerschaft haben und das macht uns auch gewissermaßen Stolz. Wir sind allerdings sehr gut beraten, das Spiel gegen Kiel und auch die anderen Partien als sehr schwierige Begegnung anzusehen“, will Titz stets die Bodenhaftung behalten.
Mit Moritz, Pollersbeck, Narey, Holtby, Lasogga, Mickel und Ferati besitzen gerade mal sieben Spieler mit in Summe 256 Spielen Zweitliga-Erfahrung. Gegen Kiel wird nun mit Aaron Hunt auch noch der Kapitän und einer der erfahrensten Spieler des Kaders überhaupt aufgrund von Wadenproblemen passen müssen. „Das ist extrem schade, aber wir vertrauen auch den anderen Spielern in unserem Kader“, spricht Titz gerade den Jungen noch einmal Mut zu. Mut, der besonders in den ersten Wochen natürlich dringend gebraucht wird. Der Trainer weiß genau, dass ein guter Start enorm wichtig ist. „Fußball ist immer ein Stück weit auch ein Spiel mit der Psyche. Mit einem Sieg kann man Selbstvertrauen gewinnen. Und das ist unser Ziel“, betont der Chefcoach. Mit einem dreifachen Punktgewinn im ersten und damit historischen Zweitliga-Spiel würden die vielen guten Entwicklungen in der sechswöchigen Vorbereitung unterstrichen und die Wunden, die in den 83 Tagen schon ein wenig geheilt sind, weiter ein Stück weit vergessen werden.
Der Kader zum Spiel:
Tor: Pollersbeck, Mickel; Feld: Bates, David, Douglas Santos, Ekdal, Holtby, Ito, Janjicic, Lasogga, Moritz, Narey, Sakai, Samperio, Steinmann, Vagnoman, van Drongelen, Wintzheimer
So könnte Holstein Kiel spielen: Kronholm - Herrmann, Schmidt, Wahl, J. van den Bergh - Mühling, Meffert - Schindler, J.-S. Lee, Honsak - Serra
Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb)