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Interview

15.04.25

„Wir prüfen gerade sehr konkrete Maßnahmen“

Cornelius Göbel, HSV-Direktor Fans, Kultur & Markenidentität, bezieht im Interview Stellung zur Ticketpreis-Kritik und erklärt den internen Umgang damit.

hsv.de: Bei der Bekanntgabe der Ticketpreise für das letzte Saisonheimspiel gegen Ulm gab es öffentliche Kritik zur Höhe einiger Preiskategorien. Dennoch war das Spiel in wenigen Stunden komplett ausverkauft. Nun gab es beim Heimspiel gegen Braunschweig noch einmal ein kritisches Banner zur Preispolitik auf der Nordtribüne. Lässt das die Verantwortlichen kalt? 

Cornelius Göbel: Keinesfalls. Und es ist ja nicht so, dass uns diese Rückmeldungen nur durch die Medien oder per Banner im Stadion erreicht hätten. Sie kamen auch per E-Mail, am Telefon und in persönlichen Gesprächen. Wir nehmen das sehr ernst und sehen auch die Notwendigkeit zum Handeln.

Wie kommt es überhaupt zu gestiegenen Ticketpreisen im Einzelverkauf wie jetzt im Fall des Ulm-Spiels?

Dahinter steckt ein komplexer Vorgang der Preisfindung, bei der wirtschaftliche Vorgaben ebenso eine Rolle spielen wie der Gegner, der Zeitpunkt des Aufeinandertreffens und auch die anzunehmende Nachfrage. Letzte Heimspieltage einer Saison gehören unabhängig vom Gegner meistens zur Kategorie A, also zu den Topspielen. Es geht uns als Organisation nicht darum, durch den Einzelkartenverkauf maximalen Profit zu erreichen, sondern über eine gesamte Saison betrachtet Einnahmen zu erzielen, die es letztendlich auch ermöglichen, z.B. Baumaßnahmen zur Verbesserung der Stadionqualität aus Eigenmitteln durchführen zu können, wie wir es zuletzt und auch aktuell bewerkstelligt haben. Und natürlich müssen auch wir die Ticket-Einnahmen in den Gesamtkontext eines Saisonbudgets einarbeiten. Wir versuchen immer, sozial verträgliche, ausgewogene Preise herzustellen. Das gelingt - vor allem von außen betrachtet - mal besser, mal schlechter.

Wie wird die Sozialverträglichkeit konkret berücksichtigt?

Wir wollen, dass sich jeder den Stadionbesuch leisten kann, auch wenn wir in der glücklichen Situation sind, dass die Nachfrage meist höher ist als das Angebot. HSV-Tickets sollen kein Luxusgut werden, mit dem nur ein Eventpublikum angezogen wird. Dementsprechend haben wir günstigere Preiskategorien, die trotz der riesigen Nachfrage auch schon seit Jahren nicht oder kaum erhöht werden. Für das Ulm-Spiel darf der Blick also nicht nur auf die hochpreisigen Kategorien gerichtet werden. Denn richtig ist eben auch, dass fast 60% unserer Zuschauer im ausverkauften Stadion gegen Ulm einen Kartenpreis von unter 40 Euro haben werden.

Du sprachst vorhin von einer Art Handlungsauftrag, den der HSV nach der vielfach geäußerten Kritik nun wahrnehmen will. Was meinst du damit konkret?

Wir werden auf den Supporters Club und die aktive Fanszene zugehen und in den Austausch treten. Wir prüfen gerade sehr konkrete Maßnahmen, die in die zukünftige Preisgestaltung einfließen sollen. Wir möchten mehr Transparenz bei der Preissetzung und werden auch über Spiele-Kategorisierungen sprechen.

Ein weiterer Punkt ist der Ausbau sozialer Ticketangebote – da gibt es einfache, schnell wirksame Schritte. Und: Wir wollen einheitliche Kinderpreise, unabhängig vom Gegner oder Spieltag. Auch das ist ein Signal in Richtung Familienfreundlichkeit.

Und das kommt alles jetzt nach dem Aufschrei zur Ticketpreisgestaltung für das Ulm-Spiel?

Nein, natürlich nicht. Wir diskutieren den Ticketgestaltungsprozess intern schon länger. Und wir betrachten die gesellschaftliche Lage sehr genau. Alles wird teurer – Lebensmittel, Energie, Mieten. Wir wollen nicht, dass sich diese Entwicklung auch noch ins Stadion fortsetzt. Wie schon gesagt: Fußball darf aus unserer Sicht kein Luxus werden. Wir wollen bewusst einen Gegenentwurf bieten: Ein Ort, der offen bleibt – für alle.

Klar: Wir könnten auch 80.000 Tickets verkaufen, gegen Ulm sogar noch deutlich mehr, und rein wirtschaftlich denken. Aber darum geht es uns nicht. Es geht um Zugang und Teilhabe. Fußball lebt von den Menschen, von der Vielfalt auf den Rängen. Und die darf nicht an der Ticketkasse enden. 

Was erwartest du dir vom Austausch mit der Fanszene?

Einen wesentlich differenzierteren und inhaltlichen Austausch als den, der gerade hinsichtlich der Preisgestaltung öffentlich oder auch in Foren stattfindet. Wir wollen einen partizipativen Prozess einführen und gegenseitiges Verständnis schaffen. Wenn es uns gelingt, glaubhaft zuzuhören, transparent zu handeln und die Bedürfnisse unserer Fans wirklich ernst zu nehmen, dann leisten wir mehr als Preispolitik. Und wir meinen es ernst.

In Fußball-Deutschland gilt die Einheit zwischen Mannschaft und Fans als vorbildlich, viele Clubs schauen neidisch in die Hansestadt. Siehst du in der Ticketpreisthematik eine Gefahr für diese erfolgreiche Verbindung?

Nein, weil wir uns ernsthaft mit dem Thema und auch mit den dazugehörigen Menschen auseinandersetzen. Nicht als Alibihandlung, sondern ernstgemeint und auf Sachlichkeit ausgerichtet. 

Wir nehmen nach wie vor vermehrt Bekenntnisse zum HSV wahr – aktuell verzeichnen wir zahlreiche Fanclubgründungen und Mitgliedsanträge. Im Endspurt dieser Saison wünsche ich mir wie bisher ein zielgerichtetes, lautstarkes und von allen Seiten geprägtes Miteinander. Das macht uns stark, das führt uns zum Saisonziel. 

Danke für das Gespräch.