
Saison
03.08.17
Espanyol Barcelona – im Schatten besonders
Beim Volksparkfest trifft der HSV am Sonntag auf den spanischen Erstligisten Espanyol Barcelona. Die Katalanen stehen zwar seit jeher im Schatten des weltberühmten Stadtrivalen FC Barcelona, haben aber ihre eigene traditionsreiche Geschichte zu erzählen.
Die höchste Heimniederlage in der vergangenen Saison 2016/17 kassierte Espanyol Barcelona ausgerechnet im Stadtderby gegen den acht Kilometer entfernten Rivalen FC Barcelona: 0:3 zeigte am Ende die Anzeigetafel des heimischen Power8 Stadiums an. Luis Suarez (50. und 87.) und der Ex-Bundesliga-Profi Ivan Rakitic (76.) hatten das fußballerische Kräfteverhältnis in der katalanischen Hafenmetropole wieder einmal eindrucksvoll ins rechte Licht gerückt. Denn gegen den 24-fachen spanischen Meister und vierfachen Champions-League-Sieger gibt es für Espanyol im Normalfall nichts zu feiern. In 176 Duellen mussten sich die Blau-Weißen 104-mal geschlagen geben – so häufig wie gegen keinen anderen Club in ihrer Vereinsgeschichte. 176 oder mehr Vergleiche mit einem der weltberühmtesten Fußballclubs der Welt können allerdings auch nur vier weitere Clubs vorweisen und deuten an, dass hinter Espanyol ein Club mit viel Tradition und einer ganz eigenen Geschichte steckt.
Königs-Privileg und Gegenentwurf
Am 28. Oktober 1900 unter dem Präsidenten Angel Rodriguez Ruiz von Studenten der Universität Barcelona gegründet, gilt der Verein als einer der ältesten Fußballclubs in ganz Spanien und als Gründungsmitglied der 1929 ins Leben gerufenen Primera Divison. Rodriguez nannte den Verein damals „Sociedad Espanola de Futbol“ (spanische Fußballgemeinschaft) um zu unterstreichen, dass der Verein anders als andere Clubs in Barcelona vor allem aus spanischen Spielern besteht. Jener patriotischen Verbundenheit hat der Club auch seinen Beinamen Real („königlich“) zu verdanken. So verlieh der spanische König Alfons XIII. dem Club 1912 dieses Privileg und sorgte damit für den heute noch immer gültigen Namen „Reial Club Deportiu Espanyol de Barcelona“. Mit königlichem Segen feierte RCD gegen Anfang des 20. Jahrhunderts auch erste Erfolge, gewann 1929 und 1940 jeweils den spanischen Königspokal, die Copa del Rey.
Die spanische Diktatur zwischen 1939 und 1977 führte anschließend dazu, dass Espanyol nicht nur sportlich, sondern vor allem auch politisch einen Gegenentwurf zu dem stark katalanisch geprägten Stadtrivalen FC Barcelona darstellte. Das politische Element dieser Rivalität ebbte ab den 80er Jahren aber wieder ab und ist heutzutage nur noch bei radikalen Minderheiten der „Perico“, wie die Fans in Anlehnung an das Teammaskottchen – einen Wellensittich – genannt werden. Sportlich gab es in der besagten Zeit die ersten Rückschläge. Nach zahlreichen Plätzen im Mittelfeld der Tabelle folgten 1962 und 1969 die ersten von insgesamt vier Abstiegen (später noch 1989 und 1993). Immerhin: Espanyol schaffte viermal auch den direkten Wiederaufstieg in die Primera Division und sorgte vor dem dritten und vierten Abstieg auch international für Aufsehen. So erreichten die Katalanen 1988 als Qualifikant überraschend das Finale des UEFA-Pokals, unterlagen dort aber auf tragische Art und Weise Bayer 04 Leverkusen. Nach einem 3:0-Sieg im Hinspiel verlor Espanyol das Rückspiel mit 2:3 nach Elfmeterschießen.
Pokalsiege und Zukunftsvision
Seit 1994 spielt Espanyol Barcelona nun wieder ununterbrochen im Oberhaus des spanischen Fußballs und ist der eigenen Identität als Mittelfeldclub und Pokalschreck treu geblieben. Nur sechsmal gelang seitdem eine Platzierung in den Top-10 der LaLiga, gleichzeitig heimste der Club 2000 und 2006 aber zwei weitere Pokaltrophäen ein und erreichte im Jahr 2007 zum zweiten Mal das UEFA-Pokal-Endspiel, wo man allerdings erneut eine bittere Niederlage hinnehmen musste und dem Ligarivalen FC Sevilla im Elfmeterschießen unterlag.
Strukturell hat der „kleine“ Fußballclub Barcelonas in den 2000er mit dem Bau eines eigenen Stadions im Vorort Cornella-El Prat die nächsten Weichen für eine erfolgreiche und stabile Zukunft gestellt. Laut eigenen Angaben markiert das 40.500 Zuschauer umfassende Stadion, das letztlich 2009 mit einem 3:0-Sieg im Freundschaftsspiel gegen den FC Liverpool feierlich eröffnet wurde, den „Beginn einer neuen Espanyol-Ära“ dar. Auf erfolgreichen Fußball mussten die „Perico“ im Stadium8 allerdings dann bis zur abgelaufenen Saison 2016/17 warten.
Viel Kontinuität und erster Vergleich
In dieser erzielten die Blau-Weißen mit 56 Zählern die beste Punktausbeute seit der Saison 2004/05 (damals 61) und schrammten als Achter nur einen Rang am internationalen Geschäft vorbei. Die Spanier waren dabei der Inbegriff einer soliden, ausgeglichenen Mannschaft, stellten mit einem Torverhältnis von 49:50 die geringste Tordifferenz der Liga auf und spielten elfmal Unentschieden – nur Deportivo Alaves (13) und Deportivo La Coruna (12) teilten häufiger die Punkte.
In der kommenden Spielzeit soll nun der nächste Schritt erfolgen und hierfür wurde das Team von Trainer Quique Flores, dessen Handschrift seit Sommer 2016 das Spiel der Katalanen zeichnet, in der laufenden Transferperiode weitestgehend zusammengehalten. Torjäger Pablo Piatti (zehn Treffer) und Stammkeeper Diego Lopez (35 Spiele) wurden dabei nach Leihgeschäften vom FC Valencia bzw. AC Mailand als Leistungsträger jeweils fest verpflichtet. Die Kontinuität scheint sich zu Beginn der Saison bereits bezahlt zu machen. So blickt Espanyol-Coach Flores bisher auf eine gelungene Vorbereitung, in der zuletzt sogar Borussia Dortmund im Test mit 1:0 geschlagen werden konnte. „Wir haben gegen ein europäisches Top-Team ein echt gutes Resultat erzielt. Unsere Jungs haben exzellent gearbeitet und genau auf diese Art und Weise müssen wir unsere Spiele spielen. Wir haben eine fantastische Gruppe beisammen, viele hart arbeitende und ambitionierte Spieler, die sich unbedingt verbessern wollen.“
Einen Eindruck davon bekommen am Sonntag (Anstoß 15 Uhr) dann auch alle HSVer, wenn es im Rahmen des 3. Volksparkfestes zum ersten Mal überhaupt zum Duell der beiden Traditionsclubs kommt. Für Espanyol ein weiteres Kapitel in einer besonderen Vereinsgeschichte.
Fotos: Espanyol Barcelona