Interview
07.01.25
„Jeden Tag einen Schritt besser werden“
Nach seinem ersten Halbjahr beim HSV zieht Mittelfeldspieler Daniel Elfadli im HSV.de-Interview eine erste Zwischenbilanz und spricht darüber hinaus über die Bedeutung von mentaler Stärke, innerer Überzeugung und Teamplay, um das große Ziel zu erreichen.
hsv.de: Daniel, du bist zu dieser Saison vom 1. FC Magdeburg zum HSV gewechselt und hast dich direkt zur Stammkraft entwickelt. 15 Einsätze stehen zu Buche, 15-mal standest du in der Startelf, zweimal konntest du verletzungsbedingt bzw. gesperrt nicht mitwirken. Hand aufs Herz: Hättest du damit vor deinem Wechsel gerechnet?
Daniel Elfadli: Dass es so gut läuft, wahrscheinlich nicht. Ich habe aber damit gerechnet, dass ich generell spiele. Diese Überzeugung bringe ich mit und daran glaube ich auch. Dass es bis hierher so viele Einsatzminuten geworden sind, ist natürlich perfekt. Das hätte ich mir nicht besser vorstellen können.
Auch fünf Scorerpunkte (zwei Tore, drei Assists) sind schon jetzt nah an einem persönlichen Bestwert, der für dich aus der Oberliga-Saison 2019/20 beim SSV Reutlingen mit sechs Scorerpunkten liegt. Hast du dir gezielt vorgenommen, auch offensiv mehr zur Geltung zu kommen, oder ist das ein Resultat der Spielweise?
Das habe ich mir nicht explizit vorgenommen. Ich denke, dass es teilweise die Spielsituationen ergeben. Wenn man sieht, dass man mal vorn mit reinlaufen kann, wenn es gefährlich wird, dann haben die Verteidiger manchmal den Sechser nicht so auf dem Schirm – so wie etwa bei meinem Treffer gegen Nürnberg, als ich hochstehend den Ball erobert habe und dann mitgelaufen bin.
„Für mich ist der Kopf manchmal entscheidender als die Füße“
Du hast im Sommer betont, dass es dein Anspruch ist, dir einen Stammplatz zu erarbeiten. Deine Karriere ist gekennzeichnet von einem Weg der kleinen Schritte. Wie schaffst du es, immer wieder deine Grenzen zu verschieben, um Ziele zu erreichen?
Ich glaube einfach daran, dass es möglich ist. Ich glaube an meine eigenen Stärken – das ist das Allerwichtigste. Das kann man jedem Menschen nur mitgeben: Man sollte an sich selbst glauben. Und man muss immer weiter an sich arbeiten, Sachen besser machen und lernen, Kritik anzunehmen, auch wenn das manchmal wehtun kann. Zudem gilt es, bei sich zu bleiben und seinem Spiel treuzubleiben. Mit der Zeit kann sich jeder Fußballer entwickeln. Für mich ist der Kopf dabei manchmal entscheidender als die Füße. Und daran kann man arbeiten.
Wie läuft das im Detail ab?
Ich rede mir Sachen positiv ein. Ich habe von Grund auf eine positive Mentalität, versuche, Dinge immer positiv anzugehen und mir das Selbstvertrauen einzusprechen. Wenn das von Innen kommt, dann ist es am stärksten. Stärker, als wenn man auf irgendeine Bestätigung von außen wartet.
Für dich hat es im zweiten Anlauf mit dem Wechsel zum HSV geklappt. Jetzt, wo du eine Halbserie die Raute auf der Brust getragen und den Club von Innen kennengelernt hast: Was hat dich am meisten beeindruckt?
Ich war vom ganzen Verein beeindruckt. Ich kannte den HSV von klein auf, wusste, dass es ein Riesenverein ist. Es war beeindruckend zu sehen, wie es sich am Ende anfühlt, regelmäßig vor rund 60.000 Zuschauern zu spielen und dabei die große Wucht des Vereins zu spüren. Auch das Mediale und der sportliche Anspruch sind riesig.
Gab es auch Überraschungen, mit denen du so nicht gerechnet hast?
Weniger, ich habe versucht, mich mental auf diese Begebenheiten vorzubereiten. Dadurch, dass der Wechsel erst im zweiten Versuch zustande gekommen ist, hatte ich sozusagen eine längere Vorlaufzeit, in der ich den Club auch intensiver verfolgt habe und auch mit Ex-Spielern wie Julian Pollersbeck, Tatsuya Ito oder auch Trainer Christian Titz über den HSV gesprochen habe.
Persönlich werden sich deine Erwartungen erfüllt oder übererfüllt haben. Mannschaftlich glich die Hinrunde mitunter einer Achterbahnfahrt. Wie fällt diesbezüglich dein Zwischenfazit aus?
Achterbahnfahrt trifft es ganz gut. Die Hinrunde lief durchwachsen und nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Es gibt einige Baustelle, an denen wir arbeiten müssen. Die Erwartungen und der Anspruch waren andere. Aber wir sind gut gestimmt, es jetzt in der Rückrunde besser zu machen und vor allem konstanter unsere Punkte zu holen. Das war unser Problem. Wir hatten hin und wieder Spiele drin, die uns zu viele Punkte gekostet haben.
Die Achterbahnfahrt hast du auch an den vergangenen beiden Punktspielen persönlich erfahren müssen. Erst gab es den Platzverweis beim 1:1 in Ulm Nahe deiner Heimat, dann den berauschenden 5:0-Heimsieg, den du neben der Spielanalyse auf der Tribüne verfolgt hast. Wie hast du das erlebt?
Ich stehe schon lieber auf dem Platz und bin ein schlechter Zuschauer. In dieser Rolle bin ich auch nervöser, als wenn ich selbst spiele, weil ich weniger Kontrolle habe. Für mich ist es anstrengend und nervenaufreibend, aber der Platz dort oben bei der Spielanalyse war ideal. Aus der Vogelperspektive sieht man die Dinge, die gut oder weniger gut klappen, noch einmal besser. Man konnte beim Tor von Davie sehen, wie sehr ich mitfiebere und mich für ihn gefreut habe. Da habe ich spontan direkt seinen Jubel nachmachen müssen. (lacht)
Nun bist du wieder mittendrin bei der Mannschaft: Ihr bereitet euch aktuell im türkischen Belek auf die Rückrunde der Saison 2024/25 vor. Wie nimmst du die Stimmung innerhalb des Teams wahr?
Wir haben grundsätzlich eine gute Stimmung. Wir sind voller Energie. Die Jungs sind ausgeruht hergekommen, hatten eine gute Zeit mit ihren Familien und Freunden – haben diese teilweise im Urlaub oder in der Heimat verbracht. Wir gehen es im Trainingslager gemeinsam an und versuchen an den Dingen zu arbeiten, die wir verbessern müssen.
Wo liegen denn aktuell die Schwerpunkte in eurer Trainingsarbeit?
Das sind einige Aspekte, viel Detailarbeit, aber wenn ich einen Oberpunkt herausgreifen müsste, dann die Überzeugung in unser eigenes Spiel reinzukriegen. Und vor allem die Spielfreude, die wir in einigen Spielen vermissen lassen haben. Es geht darum, wieder einen gewissen Gang nach vorn zu haben und mit ganz viel Überzeugung zu spielen.
Ihr befindet euch dabei mit Merlin Polzin als Cheftrainer und seinem Trainerteam in einer neuen Konstellation. Wie sind diesbezüglich deine Eindrücke?
Gut, die Trainer geben sich spürbar viel Mühe und haben trotz ihres jungen Alters schon eine gewisse Erfahrung. Sie verfolgen einen guten Ansatz, hinter dem wir als Mannschaft voll stehen. Wir ziehen mit und versuchen alle Vorgaben umzusetzen. Alle drei Coaches machen einen richtig guten Job, bereiten uns auf die Spiele gut vor und geben uns auch mental nochmal einen Push, über unsere Grenzen zu gehen: „Jeden Tag einen Schritt besser werden“, lautet dieser Tage unser Motto.
Auffällig im Training ist, dass sich die Nettotrainingszeit erhöht hat. Ihr steht weniger für Besprechungen, seid vermehrt am Ball. Merkt man das als Spieler?
Ja, das merkt man. Die Intensität ist deutlich höher. Als Spieler hast du mehr Aktionen und Wiederholungen, was dich nochmal anders auf das Spiel vorbereitet. Natürlich ist es auch anstrengender, aber mir gefällt dieser Ansatz. Es macht Spaß. Und zugleich fällt das Besprechen ja nicht weg, sondern findet verstärkt eben vor und nach dem Training statt.
Du hast immer betont, dass du die Mitspieler mit deinem Mindset und deinem Karriereweg motivieren und inspirieren möchtest. Wie gelingt es, in der Rückrunde dieses Ziel zu erreichen und was hast du dir dafür vorgenommen?
Ich habe in meiner Karriere gelernt, dass du nur als Mannschaft Erfolg haben kannst und jeder Einzelne nur glänzen kann, wenn die Mannschaft funktioniert. Du kannst als Einzelspieler so gut spielen, wie du willst – wenn die Mannschaft nicht funktioniert, dann scheinst du auch nicht. Das versuchen wir allen zu vermitteln und ich versuche, mit meiner Persönlichkeit meinen Teil dazu beizutragen und Verantwortung zu übernehmen. Wir wollen eine noch stärkere Einheit werden, um konstant die Ergebnisse zu liefern und das große Ziel zu erreichen. Es geht nur gemeinsam.
Hörempfehlung: Ihr wollt noch mehr über den einzigartigen Karriereweg und das Mindset von Daniel Elfadli erfahren? Dann sei euch die 32. Folge des HSV-Podcasts "Pur der HSV" mit dem Sommer-Zugang ans Herz gelegt. Hier geht´s zum Podcast.