Pressekonferenz
06.07.20
„Es geht ums Machen, nicht ums Reden“
In der Pressekonferenz anlässlich seiner Vorstellung als neuer Cheftrainer des Hamburger SV sprach Daniel Thioune unter anderem über seinen Wechsel zu den Rothosen, seine Philosophie als Trainer und welche Rolle dabei die Entwicklung einzelner Spieler spielt.
Am Montagnachmittag (6. Juli) wurde Daniel Thioune im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz als neuer HSV-Trainer vorgestellt. Der 45-jährige Fußball-Lehrer, der zuletzt für den VfL Osnabrück tätig war und aufgrund einer Ausstiegsklausel an die Elbe wechseln konnte, beantwortete an der Seite von Sportvorstand Jonas Boldt trotz eines aufgrund der Corona-Pandemie eher verwaisten Pressekonferenzraumes gegenüber der 26 zugeschalteten Journalisten zahlreiche Fragen rund um seinen Wechsel zum HSV. Etwa 30 Minuten Sprechzeit standen beim gebürtigen Niedersachsen am Ende seiner Vorstellung auf der Stoppuhr. Der ehemalige Profi (u.a. VfL Osnabrück, VfB Lübeck und Rot Weiss Ahlen) präsentierte sich dabei redegewandt, ließ aber eigentlich und vorrangig durchblicken, dass er lieber Taten als Worte für sich sprechen lässt. „Man kann noch so viel reden, am Ende muss man es tun“, betonte der gebürtige Niedersachse gleich mehrfach im Hinblick auf die vielen offenen Fragen zur zukünftigen Ausrichtung der HSV-Mannschaft, in denen laut Thioune vor allem die Stichworte „Entwicklung“, „Wille“ und „Bereitschaft“ eine entscheidende Rolle spielen sollen.
Im Detail sprach Daniel Thioune in der Pressekonferenz über…
... seinen Wechsel zum HSV: Es ist ein großer Tag für mich. Ich freue mich sehr, hier sitzen zu dürfen. Ich bedanke mich beim VfL Osnabrück, dass man mir diesen Schritt ermöglicht hat. Es ist eine spannende Aufgabe, eine Herausforderung und eine riesige Chance. Ich bin dankbar, dass ich dieses Vertrauen genießen darf und freue mich auf den HSV. Es gab in den letzten Tagen gute Gespräche mit Jonas Boldt, in denen mir aufgezeigt wurde, wohin der Weg des HSV gehen kann. Es ist ein spannendes Projekt mit spannenden Spielern. Ich bin jemand, der vorankommen möchte, der ambitioniert ist und der gleichzeitig aber auch ein gewisses Maß an Demut mitbringt.
... die Perspektive des HSV: Ich habe mich in den letzten Tagen sehr intensiv mit dem HSV beschäftigt. Es ist offensichtlich, dass in diesem Kader ein brutales Potential steckt. Und zwar nicht nur bei den jüngeren Spielern. Es gibt viele Spieler, die noch in der Lage sind, den nächsten Schritt zu gehen. Ich glaube, ich werde auf eine Mannschaft treffen, die den Willen und die Bereitschaft besitzt, diesen nächsten Schritt unbedingt gehen zu wollen. Es liegt an mir, dieses Potential zu entwickeln. Dementsprechend ist auch das gegenwärtige Umfeld beim HSV passend für mich. Denn wenn man überhaupt erst etwas entwickeln darf, dann ist niemand damit zufrieden, wo man gerade ist.
... seine Philosophie: Wir versuchen, alle mit auf eine Reise zu nehmen. Dabei ist es egal, wie groß oder klein das Setting in einem Club ist. Es gehört sowohl Empathie als auch Fachkompetenz dazu und am Ende liegt es an mir, etwas bei den Spielern auszulösen. Die Jungs wollen auf den Platz, wollen Gas geben und Fußballspiele gewinnen. Diese Haltung teile ich total, diesbezüglich bin ich noch etwas mehr Fußballer als Trainer. Sobald es aufs Grün geht, muss es brennen. Da müssen die Jungs Bock haben, leidenschaftlich agieren zu wollen. Das ist auch wichtig, um in der 2. Liga anzukommen. Wir müssen als Hamburger SV in puncto Arbeit gegen den Ball mindestens Augenhöhe gegenüber allen Mannschaften herstellen.
"Sobald es aufs Grün geht, muss es brennen. Da müssen die Jungs Bock haben, leidenschaftlich agieren zu wollen."
... die spieltaktische Ausrichtung: Es geht darum, den einzelnen Spielern mehr Möglichkeiten zu geben. Wir müssen brutal gegen den Ball arbeiten. Das darf und kann jeder, ganz unabhängig von seiner Qualität. Wenn wiederum im Ballbesitz die Qualität gefragt ist, dann müssen wir Lösungen gegen mannorientiert verteidigende Mannschaften haben, Bezugspunkte für Spieler verändern oder gegenläufige Bewegungen einstreuen, um Gegner unter Stress zu setzen. Wenn Teams wiederum raumorientiert verteidigen, müssen wir Überzahlsituationen schaffen. Es gibt unfassbar viele Ansätze, mit denen wir die Spieler sicherlich auch mal überfrachten werden. Aber das gehört dazu, denn dadurch sind sie auch schneller in der Lage, ihr Spiel zu adaptieren.
... die Zielsetzung: Ein gewisses Maß an Demut ist angebracht. Wenn man über Ziele spricht, dann erreicht man sie nicht nur über das Reden. Man kann noch so viel wollen, am Ende muss man es tun. Ich habe viele Gespräche mit den Verantwortlichen und auch den Spielern geführt und hier ist jeder so intrinsisch motiviert, mehr machen zu wollen. Das wird der Ansatz sein. In dem Augenblick, in dem wir in der Lage sind, so viel zu investieren, dass es schwer wird, gegen den HSV zu bestehen, wachsen wir. Und in dem Augenblick, in dem wir wachsen, müssen wir keine Plätze oder Ziele definieren – diese sind dann grenzenlos. Ich möchte keine Parolen heraushauen. Ich bin mir bewusst, dass alle hier in Hamburg Wünsche und Träume haben. Es liegt an uns, diese zu realisieren und ihnen nahezukommen. Dabei geht es in erster Linie um harte Arbeit. Denn nochmal: Es geht ums Machen, nicht ums Reden.
… die neue Aufgabe: Respekt sollte man grundsätzlich vor jeder Aufgabe haben. Entscheidend ist aber, dass man keine Angst hat und das Ganze als Chance sieht. Es ist eine brutale Herausforderung, der ich mich stellen möchte, aber der stelle ich mich nicht allein, sondern mit der Rückendeckung von den Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten werde. Den Druck, gewinnen zu wollen, legen wir uns selbst auf. Es muss aber auch immer eine Bereitschaft da sein, aus Fehlern zu lernen. Dann werden wir uns entwickeln.
... seinen Co-Trainer Merlin Polzin: In Osnabrück ist in den letzten Jahren etwas gewachsen und dabei ist es mir immer wichtig gewesen, dass ich dafür nicht allein verantwortlich bin, sondern viele Personen mitgewirkt haben. Dazu zählt Merlin Polzin. Ich durfte mit ihm gemeinsam etwas entwickeln und daher war es mein Wunsch, dass er mich zum HSV begleitet. Diesem Wunsch haben der HSV und der VfL Osnabrück entsprochen, so dass ich mit ihm gemeinsam in die neue Saison gehen werde.