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12.02.24
Jonas Boldt: "Wir werden keinen 180-Grad-Wechsel vollziehen"
HSV-Vorstand Jonas Boldt sprach am Montag in einer Pressekonferenz unter anderem über die Freistellung von Tim Walter, die Nachfolge des Cheftrainers und die allgemeine Situation.
HSV-Vorstand Jonas Boldt hat am Montagnachmittag (12. Februar) in Form einer Pressekonferenz Stellung zu der Freistellung von Cheftrainer Tim Walter bezogen. Im Pressekonferenzraum des Volksparkstadions herrschte seitens der Medienvertreter mit mehr als zehn Kamerateams und zahlreichen Journalisten großes Interesse an den Ausführungen des 42-Jährigen, der sich gleich zu Beginn zu den Beweggründen für das Aus des 48-jährigen Fußball-Lehrers äußerte und im Anschluss über dessen Nachfolgeregelung und die gegenwärtige Situation in der Mannschaft sprach. Hierbei wird der bisherige Co-Trainer Merlin Polzin eine wichtige Rolle einnehmen und beim kommenden Punktspiel bei Hansa Rostock als Trainer auf der Bank sitzen.
Im Detail sprach Jonas Boldt unter anderem über ...
... die Freistellung von Tim Walter: Es ist eine Entscheidung, die mir definitiv nicht leicht gefallen ist. Wir haben hier in den letzten zweieinhalb Jahren gemeinsam etwas aufgebaut, eine neue Euphorie in der Stadt und bei den Menschen entfacht. Wir haben Club, Mannschaft und Fans zusammengeschweißt. In der heutigen Zeit, wo sich Fußball und Publikum eher auseinanderdividieren, ist das nicht normal. Es gilt, Tim und seinen Co-Trainern dafür zu danken. Seine Aufgaben sind weit über den üblichen Cheftrainer-Tätigkeiten hinausgegangen. Er hat diesen Verein mit Haut und Haaren gelebt. Dennoch haben wir die Gefahr gesehen, dass dieser angesprochene Weg einreißen und aus dem Ruder laufen wird. Wir haben uns zum Handeln gezwungen gesehen, da wir eine allgemeine Verunsicherung auf dem Platz, auf den Rängen und im Umfeld wahrgenommen haben. Die Überzeugung war nicht mehr da, dass wir unsere Ziele erreichen und unseren Weg weitergehen. Und das ist das übergeordnete Ziel, bei dem es um die Sache und nicht Personen geht.
"Merlin Polzin bekommt aus voller Überzeugung die Chance. Wir haben in ihm ein großes Trainertalent, das sehr viel mitbringt."
... die Nachfolge des Cheftrainers: Wir werden jetzt keinen 180-Grad-Wechsel vollziehen. Deshalb haben wir auch die Entscheidung mit Merlin Polzin getroffen. Er ist seit dreieinhalb Jahren dabei und hat eine super Entwicklung genommen. Er kennt die Mannschaft sehr gut und sie ihn auch. Es sind ein paar Stellschrauben zu drehen, die wir in der Winterpause angesprochen und an denen wir bereits im Trainingslager gearbeitet haben. Wir haben bei den Auswärtsspielen auf Schalke und Berlin gezeigt, dass die Themen, die wir anpacken müssen, gar nicht so groß sind. Leider haben wir in den Heimspielen dafür gesorgt, dass das alles etwas über Bord geworfen wurde. Diese Berg- und Talfahrt tut uns nicht gut. Deshalb ist es genau der Weg, jetzt nicht alles umzukrempeln, sondern das Potential wieder auf die Straße zu bringen. Dabei sind Ruhe und Stabilität wichtig. Wir werden uns in Ruhe entscheiden, in welcher Konstellation es weitergeht. Fest steht: Merlin Polzin bekommt aus voller Überzeugung die Chance und wird - egal in welcher Konstellation - hierbei definitiv eine Rolle spielen. Er bringt viel Inhalt mit und hat in den letzten Jahren viel mitgestaltet. Wir haben in ihm ein großes Trainertalent, das sehr viel mitbringt.
... die allgemeine Situation: Es geht um das große Ganze und hier nehme ich auch die Mannschaft in die Pflicht. Sie möchte gern Verantwortung übernehmen, auch wenn sie es zuletzt vielleicht nicht so konnte oder es in verschiedene Richtungen getan hat. Wir müssen dies wieder gemeinsam bearbeiten. Im Fußball kann es schnell auch wieder in die andere Richtung gehen. Wir sind aktuell ja nicht abgeschlagen und in der tiefsten Krise aller Krisen, sondern haben uns es unnötig selbst schwergemacht. Dabei habe ich eine Verunsicherung gespürt, die vielleicht deutlich größer war als in den Jahren oder Monaten zuvor, als wir auch schon schwierigere Situationen hatten.
... seine Rolle als Führungsperson: Ich bin ein Typ, der gerne Herausforderungen annimmt und dabei eine Rolle als Vorstand und Führungsperson einnimmt, die Menschen die Möglichkeit gibt, sich weiterzuentwickeln und Dinge voranzutreiben. Dabei gibt es immer ein Risiko. Wir sind mehrfach nicht aufgestiegen, das sind Fakten, die man einem Sportvorstand vorwerfen kann. Zugleich haben wir eine Menge erarbeitet: von einer wirtschaftlichen Solidität über eine Euphorie bis hin zu einem Gemeinschaftsgefühl trotz aller Widerstände. Ich kämpfe und stehe für diese Dinge und werde dafür weiter vorangehen. Es hat mich dabei noch nie beschäftigt, ob meine persönliche Situation dadurch anders beleuchtet wird.
Die komplette Pressekonferenz seht ihr hier im Video.