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14.06.16
Bakery Jatta: „Ich habe das Gefühl, hier genau richtig zu sein“
Bakery Jatta hat eine bewegende Geschichte zu erzählen. Der Flüchtling aus dem afrikanischen Gambia nahm große Gefahren auf sich, um in Europa ein sichereres Leben führen zu können. Nun unterschrieb er beim Hamburger SV einen Profivertrag.
Der Hamburger SV hat Bakery Jatta unter Vertrag genommen. Am 13. Juni 2016, eine Woche nach seinem 18. Geburtstag, unterschrieb der Gambier einen Profi-Vertrag beim HSV. Im Jahre 2015 war Jatta aus seinem Heimatland geflüchtet, erreichte über Italien später Deutschland und kam in Bremen in der Akademie von Lothar Kannenberg unter. Der ehemalige Profi-Boxer Kannenberg kümmert sich in der Hansestadt um benachteiligte Jugendliche und bietet diesen ein Zuhause auf Zeit. Jattas außergewöhnliches sportliches Talent wurde dort schnell erkannt – Efe-Firat Aktas kümmerte sich fortan um die Betreuung und Beratung Jattas und vermittelte auch das Probetraining beim HSV. Hierbei wusste der damals noch 17-Jährige Jatta zu überzeugen. „Bakery ist ein überaus interessanter Spieler, und das nicht wegen seiner besonderen Geschichte, sondern aufgrund seiner sportlichen Anlagen“, sagte Bruno Labbadia im Januar 2016 und hielt gemeinsam mit Dietmar Beiersdorfer engen Kontakt zu Jatta, dessen Unterschrift unter den Dreijahresvertrag nun erfolgte.
Jatta: "Ich habe beim HSV eine besondere Atmosphäre gespürt"
Der Vorstandsvorsitzende ist glücklich über seinen Neuzugang: „Wir freuen uns auf Bakery“, so Beiersdorfer, „wir sind von seinen Fähigkeiten überzeugt und werden ihm alle Unterstützung geben, die er benötigt, um sich sportlich und sozial in Hamburg und beim HSV einzubringen und die ersten Schritte im Profifußball zu machen.“ Jatta, der in der Offensive verschiedene Positionen bekleiden kann, wird ab dem 27. Juni fest mit dem Profi-Team trainieren. „Baka hat es sich verdient“, sagt sein Berater Aktas, „er ist ein toller junger Mensch, extrem fleißig und sehr zielstrebig, er wird seinen Weg gehen.“ Und dies in Hamburg. Weshalb Bakery Jatta unbedingt zum HSV wollte, wie er sich in Deutschland eingelebt hat und welche Geschichte hinter seiner Flucht aus Gambia steckt, erzählt er im HSV.de-Interview.
Bakery, mit der Unterschrift unter deinen Vertrag beginnt nun dein neues Leben in Hamburg. Wie fühlt sich das für dich an?
Bakery Jatta: Ich bin sehr, sehr glücklich. Für mich ist es ein großartiges Gefühl und eine große Herausforderung, für solch einen großen Verein wie den HSV zu spielen.
Du hattest viele Möglichkeiten und mehrere Angebote. Weshalb hast du dich für den HSV entschieden?
Jatta: Als ich das erste Mal in Hamburg und beim HSV war, habe ich eine sehr besondere Atmosphäre gespürt. Dietmar Beiersdorfer und Bruno Labbadia waren freundlich, hilfsbereit, interessiert – und all das, obwohl ich noch nicht ein einziges Mal mit der Mannschaft trainiert hatte. Es war für mich ein tolles Gefühl, dass man mich vom ersten Moment an mit offenen Armen empfangen hat. Und auch die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen. Ich habe beim HSV einfach das Gefühl, hier genau richtig zu sein.
Du kommst aus Gambia, bist aber nicht wegen des Fußballs nach Deutschland gekommen. Warum bist du aus deinem Heimatland geflüchtet?
Jatta: Ich bin ohne Eltern aufgewachsen, es waren für mich sehr schlechte Verhältnisse in Afrika. Ich wusste, dass ich diesen schwierigen und gefährlichen Weg der Flucht auf mich nehmen musste, wenn ich die Chance auf eine Zukunft haben wollte. Dafür habe ich viele Gefahren auf mich genommen. Es war eine schwierige Zeit, aber jetzt möchte ich nur noch nach vorn schauen.
Wie nimmst du dein jetziges Leben in Deutschland wahr?
Jatta: Es ist sehr unterschiedlich zu meinem bisherigen Leben.
Jatta: "Ich arbeite jeden Tag hart an mir"
Was genau meinst du und wie sahen die letzten sechs Monate in Deutschland für dich aus?
Jatta: Ich bin montags bis freitags zur Schule gegangen und habe nachmittags mit meinem Coach Mahmut Aktas individuell trainiert. Krafttraining, Ausdauertraining, Aquatraining. Einen solchen Tagesablauf kannte ich bis dahin nicht. Abends durfte ich beim Bremer SV mittrainieren, wofür ich sehr dankbar bin, denn ich konnte mich auf diese Art daran gewöhnen, jeden Tag zu trainieren. Und wenn ich nach den Einheiten nach Hause kam, habe ich Hausaufgaben gemacht und für die Schule gelernt. Auch ein Praktikum habe ich bereits absolviert. Für mich war das alles neu und aufregend.
Genau wie die deutsche Sprache. Beherrschst du die schon?
Jatta: Ich finde, es entwickelt sich gut. Aber ganz ehrlich: Die deutsche Sprache ist unglaublich schwer. Doch ich lerne jeden Tag in der Schule und auch zu Hause für mich allein. Ich arbeite viel, um es möglichst schnell zu lernen, denn ich weiß, wie wichtig die Sprache ist. Um ein Bestandteil der Gesellschaft zu werden und die Kultur Deutschlands verstehen zu können, muss ich die Sprache beherrschen. Deshalb arbeite ich genau wie beim Training jeden Tag hart an mir.
Was ist neben der Sprache die größte Umstellung für dich?
Jatta: Das ganze Leben. Alles ist anders, aber es ist gut und für mich sehr wichtig zu lernen, wie man in Deutschland lebt. Es ist alles sehr neu und auch anstrengend, aber ich bin bereit viel und hart zu arbeiten, um hier leben zu dürfen und meine Ziele zu erreichen.
Jatta: "Ich möchte den besten Baka aus mir machen"
Wie sehen deine sportlichen Ziele aus, welche Erwartungen hast du?
Jatta: Ich habe in Afrika in keinem Verein gespielt, das gab es dort nicht, höchstens mal am Wochenende konnte man ein betreutes Training mitmachen. Ansonsten waren wir auf uns gestellt, wir haben auf der Straße Fußball gespielt und uns selbst die Dinge beigebracht. Deshalb ist es für mich ein großes Glück, dass ich nun so professionell trainieren und lernen darf. Diese Chance möchte ich nutzen, das ist mein Ziel. Ich möchte alles geben, um den besten Baka aus mir zu machen und für viele andere Menschen ein Vorbild zu sein.
Und was wünschst du dir privat für deine Zukunft?
Jatta: Ich habe viel erlebt. Deshalb möchte ich nicht mehr zurück-, sondern nur noch nach vorn schauen. Ich möchte einfach leben. So leben, wie es die Menschen in Deutschland tun. Dafür werde ich alles geben und hart arbeiten. Ich bin dankbar, dass ich dies zukünftig beim HSV tun kann. Ich bin bereit für diese große Aufgabe, ich bin körperlich und mental fit. Und ich bin sehr, sehr glücklich.